Zehn Jahre nach dem Beschluss des Münchner Flughafens, eine dritte Startbahn bauen zu wollen, ist die juristische Auseinandersetzung um das Milliardenprojekt beendet. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch die letzten Beschwerden von fünf Anwohnern und des Bundes Naturschutz zurückgewiesen, wie es am Mittwochvormittag zunächst ohne nähere Begründung mitteilte. Sie hatten sich dagegen gewehrt, das der Bayerische Verwaltungsgerichtshof keine Revision zugelassen hatte, als er vor gut einem Jahr den Startbahn-Bau billigte. Ähnliche Nichtzulassungsbeschwerden mehrerer Kommunen aus dem Flughafen-Umland hatten die Leipziger Richter bereits im März abgelehnt.
Der Bund Naturschutz reagierte verärgert: Es sei unverständlich, dass die Richter den Bedarf für eine dritte Bahn nicht prüfen wollten und die "immensen Eingriffe in europäische Schutzgebiete und Grundeigentum für rechtlich korrekt" hielten, sagte sein Vorsitzender Hubert Weiger. Man werde eine Beschwerde bei der EU-Kommission vorbereiten.
Mit dem Leipziger Beschluss ist das gerichtliche Verfahren in letzter Instanz abgeschlossen. Doch ob die dritte Bahn im Erdinger Moos tatsächlich gebaut wird, ist ungewiss. Der Bund und vor allem der Freistaat, die zusammen 77 Prozent der Anteile am Flughafen halten, drängen darauf; die Stadt München als dritte Eigentümerin aber verweigert bislang ihre Zustimmung. Vor drei Jahren hatten die Münchner in einem Bürgerentscheid den Bau mehrheitlich abgelehnt. Daran fühle man sich weiter gebunden, hatte die Münchner Stadtspitze immer wieder betont, auch wenn das Bürgervotum juristisch gesehen nicht mehr bindend ist.
Grundsätzliche Faktenlage muss geklärt werden
Zustimmen könne man der Erweiterung des Flughafens allenfalls, wenn dies durch einen neuerlichen Bürgerentscheid gebilligt würde, argumentierte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bis zuletzt - und einen solchen könne es nur geben, wenn sich an der grundsätzlichen Faktenlage etwas ändere. Tatsächlich geht am Flughafen die Zahl der Flugbewegungen seit Jahren zurück - anders als in der Begründung für den Bau einer dritten Bahn argumentiert. Erst im ersten Halbjahr 2015 verzeichnete der Airport wieder ein kleines Plus gegenüber 2014.
Fakten-Karte zu Münchens geplanter dritter Startbahn:Drehkreuz, Dreckschleuder, Wachstumsmotor
Wie viel Flughafen verträgt die Region München? Deutschlands zweitwichtigstes Luftfahrt-Drehkreuz boomt, jetzt stimmen die Bürger der Stadt über die geplante dritte Start-und-Landebahn ab: das umstrittenste Großbauprojekt in Süddeutschland seit Stuttgart 21. SZ-Datenjournalisten zeigen auf einer exklusiven Karte, wie viel Lärm, Abgase, Gestank und Wertverlust der Ausbau für die Region mit sich bringen würde - und was Befürworter und Gegner sagen.
Die Staatsregierung hingegen will nun Druck auf die Landeshauptstadt ausüben, bald einen neuen Bürgerentscheid anzusetzen, Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) strebt dafür noch dieses Jahr an - auch um das Thema rechtzeitig vor dem Landtagswahlkampf 2018 geklärt zu haben. Sein Verkehrsminister kündigte an, nun mit der Stadt München, den Interessenvertretern, den Anwohnern und dem Landtag sprechen zu wollen. Es liege "nun an den Gesellschaftern des Flughafens, verantwortungsvoll mit dieser großen Chance für die weitere erfolgreiche Entwicklung Bayerns umzugehen", sagte Joachim Herrmann (CSU). Der Freistaat dürfe sich nicht vom weltweiten Wachstum des Flugverkehrs abschneiden, es brauche zusätzliche Kapazitäten im Erdinger Moos.
Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren hatte der Flughafen München beschlossen, eine dritte Start- und Landebahn zu bauen - damals noch mit Zustimmung der Stadt München. Kosten soll das Projekt, das neben der vier Kilometer langen Piste selbst auch andere Erweiterungen vorsieht, 1,3 Milliarden Euro. Diese will der Flughafen aus eigenen Mitteln und über Kredite finanzieren.