Urteil:Tödliche Schläge auf Teneriffa - zwölf Jahre Haft

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Homosexueller Münchner bringt nach einem heftigen Streit aus Wut 78-jährigen ehemaligen Industriellen um. Das Gericht entscheidet auf Totschlag, weil das Mordmerkmal der "niedrigen Beweggründe" nicht vorgelegen habe.

Eines machte das Schwurgericht gestern gleich deutlich: Es sei eine "sehr knappe Entscheidung" gewesen, sagte Richter Manfred Götzl und fixierte dabei den Angeklagten. Knapp hieß in diesem Fall, dass Peter F., 59, nicht wegen Mordes verurteilt wurde, sondern "nur" wegen Totschlags. Das Urteil der Kammer: zwölf Jahre Haft.

Es ist ein außergewöhnlicher Fall, und das nicht nur, weil der Tatort im Ausland, genauer gesagt auf der spanischen Ferieninsel Teneriffa liegt. Dorthin hatte sich das spätere Opfer Walter K., ein 78 Jahre alter ehemaliger Industrieller, schon vor Jahren auf seinen Alterssitz in dem Städtchen Puerto de la Cruz zurückgezogen.

Mitte der neunziger Jahre lernte er hier Peter F. kennen, einen ehemaligen Schneider aus München, der arbeitslos war und von einer Erbschaft lebte. Peter F. fühlte sich schon immer zu Männern hingezogen, besonders zu älteren. Als er sich einmal vor Jahren in eindeutig sexueller Absicht Walter K. näherte, wies ihn dieser brüsk zurück. Diese "Zurückweisung", so Richter Götzl, habe der Angeklagte zwar akzeptiert, im Grunde aber nie "verwunden".

Üble Beschimpfungen

Am 19. Mai vergangenen Jahres kam es zwischen den beiden bei einem gemeinsamen Zechgelage erneut zu einem Streit. Die Provokation sei dabei allein vom Angeklagten ausgegangen, stellte das Gericht klar. Peter F. habe seinen Freund als "fett", "alkoholsüchtig", "Nazi" und "Schwulenhasser" beschimpft und ihm dann mit den Worten "du hast ja Titten wie eine Frau" an die Brust gefasst.

Walter K. habe auf diese Beleidigungen wütend reagiert und gemeint, "alle Schwulen gehören abgemurkst". Aus Wut und Verärgerung habe der Angeklagte sein Opfer daraufhin am Hals gepackt und gewürgt, bis dessen Kehlkopf brach. Während der Rentner bereits in der Agonie lag, nahm Peter F. eine Flasche Bocksbeutel und zertrümmerte Walter K. den Schädel.

Nach panikartiger Flucht kehrte er später noch einmal an den Tatort zurück, um der Leiche noch mehrmals ein Messer in den Hals zu stoßen und Spuren zu beseitigen. Weil er dabei einen Fingerabdruck auf einer der gemeinsam geleerten Weinflaschen übersah, konnte er bald ermittelt und festgenommen werden.

Keine Affektsituation, aber auch keine niedrigen Beweggründe

"Sie haben mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt", urteilte Richter Götzl. Von einer Affektsituation könne keine Rede sein, da die Provokationen vom Angeklagten selbst ausgegangen seien. Auch eine Einschränkung der Schuldfähigkeit aufgrund des Alkoholkonsums liege nicht vor, allenfalls eine "alkoholbedingte Enthemmung".

In der zentralen Frage des Verfahrens, ob es sich um Mord oder Totschlag handelt, entschied sich die Kammer für letzteres. Peter F. sei ein "egozentrischer und empfindlicher" Mensch, die Tat entspringe eher seinem Jähzorn.

"Es war eine spontane Tat aus der Situation heraus", meinte Götzl. Das Mordmerkmal der "niedrigen Beweggründe" liege hier nicht vor. Allerdings, so der Richter, sei diese Einschätzung "sehr knapp" gewesen, da nicht vergessen werden dürfe, dass der Angeklagte mit seinen drastischen Äußerungen die Situation erst heraufbeschworen habe.

Peter F. erbat sich nach der Urteilsverkündung einige Minuten Bedenkzeit, um sich mit seinem Verteidiger Bernd Gutowski zu beraten. Danach nahm er das Urteil an.

© SZ vom 24.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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