Urteil:Obdachloser am Flaucher totgeprügelt - neun Jahre Haft für Angreifer

Urteil: Auf einer Insel am Flauchersteg wurde das Opfer zu Tode geprügelt.

Auf einer Insel am Flauchersteg wurde das Opfer zu Tode geprügelt.

(Foto: Robert Haas)
  • Nach der Überzeugung des Schwurgerichts schlug und trat der 42-jährige Angeklagte, Ireneusz D., zusammen mit einem anderen Mann auf einen behinderten Obdachlosen ein.
  • Die Staatsanwaltschaft hatte für beide Männer eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes verlangt.
  • Einer Verurteilung zu lebenslanger Haft wegen Mordes entging D. nur knapp.

Von Christian Rost

Im Fall des gewaltsamen Todes eines 50-jährigen Obdachlosen auf einer Isarinsel am Flauchersteg sind am Mittwoch zwei Männer vom Münchner Schwurgericht schuldig gesprochen worden.

Die Kammer unter dem Vorsitz von Norbert Riedmann verurteilte den 42-jährigen Ireneusz D. wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu neun Jahren Haft. Der mitangeklagte Kasimierz S., 55, muss wegen unterlassener Hilfeleistung neun Monate ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft hatte für beide Männer eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes verlangt.

D. wollte sein Opfer offenbar möglichst lange quälen

Die Angeklagten hatten mit dem späteren Opfer und einem weiteren Obdachlosen am 25. August 2014 auf der Isarinsel gegrillt und gezecht. Während die Männer Wein und Wodka tranken, kam es zu einem Streit. Dabei wurde dem gehbehinderten Jerzy C. vorgeworfen, in den Revieren der anderen Flaschen zu sammeln und die wenigen Euro Pfandgeld für sich zu behalten.

Aus der zunächst nur verbalen Auseinandersetzung entwickelte sich rasch ein Gewaltexzess. Nach der Überzeugung des Schwurgerichts schlug und trat Ireneusz D. zusammen mit einem anderen Obdachlosen, der inzwischen an einer Überdosis Drogen verstorben ist, auf Jerzy C. ein.

Um ihn möglichst lange zu quälen, habe D. den Mann vor allem auf den Rücken und das Gesäß geprügelt, wobei er auch dessen Krücke als Waffe einsetzte. Den Kopf und die Halspartie habe D. bewusst ausgespart bei den schweren Misshandlungen, um C. bei Bewusstsein zu halten.

Mehr als 50 Prellmarkten und großflächige Einblutungen

Eine gebrochene Rippe bohrte sich schließlich in die Lunge des Mannes. Ein Passant entdeckte am nächsten Tag den mit Hämatomen übersäten nackten Leichnam. Bei der Obduktion stellte Rechtsmediziner Randolph Penning mehr als 50 Prellmarkten sowie großflächige Einblutungen bei dem Toten fest. Es habe ausgesehen, als wäre das Opfer bei großer Geschwindigkeit von einem Autoreifen überrollt worden, hatte Penning vor Gericht berichtet.

Die Angeklagten waren nach und nach von der Polizei ermittelt worden - Zeugen hatten sie am Tattag an der Isar gesehen. Anhand der Verletzungen konnte aber nicht mehr nachvollzogen werden, wer sie im Einzelnen verursacht hat. Kasimierz S. allerdings belastete D. schwer. Während er selbst den Misshandlungen nur zugesehen und aus Angst nicht eingegriffen habe, sei D. auf C. mit dessen Krücke losgegangen.

D. entgeht nur knapp lebenslanger Haft

Ireneusz D. bestritt das. Nach seiner Darstellung habe er das Opfer nur etwa 15 Mal mit der flachen Hand geschlagen. Das Gericht nahm ihm das nicht ab, weil er nachweislich mehrfach die Unwahrheit gesagt hatte. So behauptete er, es sei keine Krücke im Spiel gewesen, was das Gutachten des Rechtsmediziners klar widerlegte.

Einer Verurteilung zu lebenslanger Haft wegen Mordes entging D. nur knapp, wie Richter Riedmann sagte: "Das war hart auf der Kante." Kasimierz S. konnte die Kammer keine Beteiligung an dem Gewaltexzess nachweisen. Er habe dem Opfer aber auch nicht geholfen beziehungsweise keine Hilfe geholt, "obwohl sie zehn Mal dazu Gelegenheit hatten", so der Vorsitzende zum Angeklagten.

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