Urteil im Streit um Betriebsausflug:Ausflug als Überstunden

Am Donnerstag, da arbeitet der Beamte Peter H. nicht. Beim Betriebsausflug der Freisinger Justiz - an einem Donnerstag - war der Oberinspektor aber dabei. Die Fahrt ins Blaue wollte er sich anschließend als Dienstzeit gutschreiben lassen - und zog gegen den Freistaat Bayern vor Gericht. Streitwert: 124,16 Euro.

Von Andreas Salch

Was war das für ein schöner Betriebsausflug der Freisinger Justiz nach Herrenchiemsee. Da waren sie sich hinterher alle einig am Amtsgericht der Domstadt. Die Sonne lachte und ein Besuch der Landesausstellung "Götterdämmerung. König Ludwig II." stand auf dem Programm. Auch Rechtspflegeoberinspektor Peter H., 54, war mit von der Partie. Er genoss die Zeit mit seinen Kollegen, den Richtern und Justizwachtmeistern. Wenige Tage später gab es aber Knatsch wegen der Fahrt ins Blaue. Jetzt musste sich sogar das Verwaltungsgericht München mit der Causa beschäftigen.

Oberinspektor Peter H. hatte nämlich seiner Chefin, Amtsgerichtsdirektorin Lore Sprickmann Kerkerinck nach dem Betriebsausflug eine E-mail geschickt. In der teilte er ihr mit, dass er die Teilnahme an der Fahrt vom 6. Oktober 2011 als Dienstzeit gutgeschrieben haben möchte. Und das, obwohl der Ausflug an einem Donnerstag stattfand. Und donnerstags arbeitet der 54-Jährige gar nicht.

Der Rechtspfleger jedenfalls erhob Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen seinen Dienstherrn, den Freistaat Bayern und den Landgerichtsbezirk Landshut, zu dem das Freisinger Amtsgericht gehört. Denn dessen Direktorin Sprickmann Kerkerinck und der Präsident des Landgerichts Landshut, Karl Wörle, hatten den Antrag, den Ausflug als Dienstzeit gutzuschreiben, abgelehnt.

Da Peter H.s tägliche Dienstzeit acht Stunden und zwölf Minuten beträgt und er Teilzeit arbeitet, entsprach der "Streitwert" in der Sache achtzig Prozent seiner täglichen Arbeitszeit: das sind 124,16 Euro. Ein "bemerkenswerter Streitwert", stellte der Vorsitzende der 5. Kammer am Verwaltungsgericht, Richter Dietmar Zwerger, süffisant fest.

Offenbar hat man an andrer Stelle schon auf die Causa des Rechtspflegeoberinspektors reagiert. Das Bayerische Justizministerium habe eine neue Dienstzeitverordnung erarbeitet, merkte Richter Zwerger in der Verhandlung an. Zwar sei sie noch nicht in Kraft. Doch würde darin genau der Fall geregelt, wegen dem Peter H. klagt. Das Thema Zeitgutschriften werde im gesamten Freistaat bislang "höchst unterschiedlich gehandhabt", so der Vorsitzende. Der Fall des Klägers sei bis jetzt noch "nirgendwo entschieden" worden. Also dröselte Richter Zwerger die Sache Schritt für Schritt auf.

Betriebsausflüge sind "dienstliche Veranstaltungen"

Fazit: Da Rechtspfleger Peter H. donnerstags nie arbeitet, der Betriebsausflug aber justament an einem Donnerstag stattfand, habe er entscheiden können, ob er Dienst macht, indem er an dem Ausflug teilnimmt. Laut Rundschreiben des Justizministeriums seien Betriebsausflüge "dienstliche Veranstaltungen", so Richter Zwerger.

Wenn sich ein Teilnehmer dabei ein Bein bricht, "dann stellen Sie auch eine Dienstunfallmeldung aus", sagte er zum Präsidenten des Landshuter Landgerichtsbezirks, Karl Wörle. Doch der sperrte sich zunächst. "Herr Vorsitzender, wir werden nicht zusammenkommen", sagte er. Doch am Ende lenkte er ein. Peter H. wird der Ausflug als Dienstzeit gutgeschrieben. Nochmal wird ihm das allerdings nicht gelingen. Am Freisinger Amtsgericht hat man aus dem Fall Lehren gezogen: Der Betriebsausflug 2012 fand an einem Dienstag statt, heuer wird er an einem Mittwoch sein. Donnerstage sind vom Tisch.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: