Urteil: Fahrlässige Tötung:Betrunkener Raser erfasst Mutter und Tochter

Mit Tempo 130 fuhr Dieter L. alkoholisiert in eine Kurve und erfasste Alexandra N. und ihre 8-jährige Tochter. Das Münchner Amtsgericht verurteilt ihn wegen fahrlässiger Tötung.

Alexander Krug

Sie wollte nur kurz einige Besorgungen machen, der zwölfjährige Sohn trödelte und deshalb nahm Alexandra N., 31, nur ihre achtjährige Tochter mit. Für beide wurde es eine Fahrt in den Tod: In einer Kurve kam ihr Dieter L., 36, mit seinem Fiat entgegen - auf ihrer Fahrbahn, betrunken und mit Tempo 130. "Es tut mir wahnsinnig leid, was passiert ist, ich weiß, man kann mir nicht verzeihen", entschuldigt sich Dieter L. am Freitag im Münchner Amtsgericht, wo er sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten muss.

Dieter L. hat nie einen Beruf erlernt, wohnt noch immer bei seiner Großmutter und ist seit längerem schon arbeitslos. Geld für ein neues Auto hatte er offenbar trotzdem: An jenem 24. Oktober vorigen Jahres hatte er seinen Fiat gerade erst vom Händler abgeholt. Für ihn ein Grund zum Feiern: Zwei Radler, zwei Bier bei einem Pizzaservice und dann an einer Tankstelle noch zwei Wodka Red Bull.

Derart berauscht raste er auf der Kreisstraße Dachau 9 kurz hinter Markt Indersdorf mit Tempo 130 in eine Rechtskurve, kam auf die Gegenfahrbahn und krachte auf den Peugeot von Alexandra N. Die 31-Jährige und ihre Tochter hatten keine Chance. Beide verstarben noch am Unfallort.

1,21 Promille wurden bei Dieter L. später festgestellt, zurückgerechnet auf den Unfallzeitpunkt 15.20 Uhr ergibt sich ein Mindestalkoholwert von 1,31 Promille. "Ich hab' mich schon fahrtüchtig gefühlt", behauptet Dieter L. An den Unfall selbst hat er keine Erinnerung mehr, er war damals bewusstlos gewesen, seine Verletzungen waren aber letztlich nicht so schwer gewesen.

Urteil: 18 Monate Haft ohne Bewährung

Der Ehemann der Getöteten wollte sich den Prozess nicht antun. Dafür ist der Bruder da, der dem Angeklagten die Entschuldigung nicht abnimmt. "Wenn sie Selbstmord versucht hätten, dann würde ich ihnen glauben", schreit der aufgebrachte Mann von den Zuhörerbänken aus. Der Amtsrichter ermahnt ihn mehrmals, schließlich verweist er ihn des Saales. Bevor der Bruder geht, knallt er dem Angeklagten noch ein Foto der Getöteten und ihrer Tochter auf die Anklagebank. "Da siehst du, was du angerichtet hast."

Man müsse sich vor den Toten verneigen, versucht der Verteidiger etwas gestelzt die Wogen zu glätten. Gleichzeitig müsse man aber auch dem Angeklagten "eine Chance" geben. Eine Bewährungsstrafe sei daher durchaus zu vertreten. Der Staatsanwalt ist anderer Meinung und beantragt 18 Monate Haft, der Nebenklagevertreter fordert sogar, den Strafrahmen (bis zu fünf Jahre Haft) voll auszuschöpfen.

Der Amtsrichter folgt letztlich dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Dieter L. wird wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen zu 18 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Eine neue Fahrerlaubnis kann er frühestens nach ebenfalls 18 Monaten beantragen.

Der Amtsrichter nutzt den Fall zu einer persönlichen Anmerkung: Die Einführung der 0,0-Promille-Grenze für Fahranfänger seit dem 1. August sei "höchste Zeit" gewesen. Seiner Ansicht nach sollte ein generelles Alkoholverbot aber für alle Fahrer gelten. Ob Dieter L. das Urteil annimmt oder Berufung einlegt, steht noch nicht fest.

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