Urteil am Landgericht München:Lebenslange Haft für Doppelmörder von Krailling

Das Urteil im Prozess um den Mord von Krailling ist gefallen: Thomas S., der Onkel der beiden getöteten Mädchen, ist wegen zweifachen Mordes schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zudem wurde eine besondere Schwere der Schuld festgestellt, eine vorzeitige Haftentlassung nach fünfzehn Jahren ist dadurch ausgeschlossen.

Anna Fischhaber.

Am Ende grinst er wieder, wie schon so oft in dieser Verhandlung. "Dass ich die Tat nicht getan habe, glaubt mir eh keiner", sagt er, dann ist seine Show beendet. Drei Monate hat der Prozess um den Doppelmord von Krailling gedauert, nun ist vor dem Landgericht München II das Urteil gefallen: Thomas S., der Onkel der beiden Mädchen, ist schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zudem wurde eine besondere Schwere der Schuld festgestellt, womit eine vorzeitige Haftentlassung nach fünfzehn Jahren ausgeschlossen ist. Es ist die Höchststrafe.

Prozess um Kraillinger Doppelmord

Ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden: der 51-jährige Thomas S.

(Foto: dpa)

Das Gericht folgt mit dem Urteil den Forderungen von Anklage und Nebenklage. Staatsanwalt Florian Gliwitzky hatte in seinem Plädoyer am Montagmittag von einer "erdrückenden Beweislast" gesprochen. Mit einer Hantelstange, einem Messer und einem Seil habe der Onkel die beiden Schwestern Sharon, 11, und Chiara, 8, im März vergangenen Jahres in ihrem Haus in Krailling ermordet. Der nach einem Hausbau überschuldete Postbote wollte demnach auch seine Schwägerin töten, um an deren Erbe zu kommen. Den ursprünglichen Mordplan musste er aber fallen lassen, weil seine Schwägerin später als erwartet nach Hause kam.

Die Anwälte der Eltern der Mädchen, die in dem Prozess als Nebenkläger auftraten, schlossen sich der Forderung der Staatsanwaltschaft an. Nebenklagevertreter Andreas von Máriássy forderte den Angeklagten erneut auf, Verantwortung zu übernehmen: "Heute ist für Sie nicht Schluss, genauso wenig wie für unseren Mandanten", sagte er.

Die Verteidigung verzichtete auf eine eigene Forderung. Zwar habe man Zweifel am Tatmotiv Habgier, man erkenne aber die Spurenlage an. "Die Verteidigung hat großes Vertrauen in das Gericht, dass ein richtiges Urteil getroffen wird", begründete Verteidiger Adam Ahmed die ungewöhnliche Entscheidung. Nach der Urteilsverkündung sagte er: Sein Mandant wolle Revision einlegen.

Der Prozess hatte sich länger als geplant hingezogen, weil sich der Angeklagte Ende März doch noch zu einer Aussage entschied. An diesem Montag ging dann plötzlich alles ganz schnell. Es wirkt ein wenig so, als könnte es dem Gericht gar nicht schnell genug gehen, diesen Prozess zu beenden. Das hat wohl vor allem mit dem Verhalten von Thomas S. zu tun.

Wie der Verurteilte reagiert

Zwei Monate lang hatte der 51-Jährige die Verhandlung schweigend beobachtet, und nur durch sein ständiges Grinsen auf sich aufmerksam gemacht. Dann brach er überraschend sein Schweigen. Allerdings nicht um ein Geständnis zu machen, sondern um den Zeugen Lügen und den Ermittlern die Manipulation von Beweisen vorzuwerfen.

Aufgrund der Spuren allein bestünde schon kein Zweifel an der Täterschaft, heißt es nun in der Urteilsbegründung. Nach Überzeugung des Gerichts habe niemand anderes als der Täter in der Wohnung der Kinder so viele Spuren hinterlassen können. Die Ausführungen des 51-Jährigen zu seinem Nasenbluten bei einem angeblichen Besuch seien unglaubwürdig.

Wenn noch irgendein Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten bestanden habe, habe Thomas S. diese durch seine Aussage vor drei Wochen zunichtegemacht, erklärt der Vorsitzende Richter. Damals habe er überall dort sein angebliches Nasenbluten eingezeichnet, wo auch der Täter gewesen war. "Es ist der Versuch, die eigene Aussage dem Ermittlungsergebnis anzupassen", sagt der Richter.

Während der Urteilsbegründung, fläzt Thomas S. in der Anklagebank, grinst immer wieder, dann lässt er den Kopf auf die Anklagebank sinken, beobachtet seine Fingernägel - als hätte dieses Urteil nichts mit ihm zu tun.

Währenddessen berichtet der Richter von der finanziellen Misere des Mannes. Im März 2011 sei schließlich eine Situation eingetreten, in der es dem Angeklagten nicht mehr möglich war, die Vollstreckung seines Hauses aufzuhalten. "In dieser Lage fasste der Angeklagte den Entschluss, Anette S. und ihre Kinder umzubringen." Dass er diese nicht besonders mochte, habe ihm die Ausführung der Tat erleichtert.

"Ihre Antwort wird nie wieder lauten: gut"

Das Gericht erkennt schließlich die Mordmerkmale Habgier und Heimtücke an. Und die besondere Schwere der Schuld. Die Taten wichen so erheblich von durchschnittlichen Mordfällen ab, dass eine Strafaussetzung zur Bewährung nach 15 Jahren auch bei dann günstiger Sozialprognose unangemessen wäre. Positive Aspekte vermag der Richter am Angeklagten nicht erkennen, außer dass er seiner Frau und seinen Kindern ein schönes Zuhause schaffen wollte, wenn auch in sorgloser Art.

Die Opfer waren zwei Kinder und am Familienstreit nicht beteiligt, sagt der Richter dann aber auch. Zudem habe der Angeklagte einen enormen psychischen Schaden hinterlassen. Das sei zwar bei Morden immer so - wie Anette S. leiden musste, gehe aber weit über das hinaus. "Sie musste ihre Töchter blutüberströmt finden."

Der grausame Doppelmord an ihren Töchtern wurde nun mit der Höchststrafe bestraft, ob das der Mutter Linderung verschaffen wird, ist allerdings fraglich. "Ich weiß nicht, wie es einer Frau geht, die so etwas erleben muss", hatte ihre Anwältin in ihrem Plädoyer erklärt. "Ich hoffe, dass es meiner Mandantin nun besser geht." Und dann: "Eines weiß ich sicher, ihre Antwort wird nie wieder lauten: gut."

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