Urban Gardening in München:O' pflanzt is!

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Urban Gardening

Die Münchner sollen in Gemeinschaftsgärten Unkraut rupfen.

(Foto: dpa)

In der ganzen Republik rückt man bereits in der Freizeit mit Spaten und Kübeln aus, um seine Tomaten selbst zu züchten - und sich dabei vom stressigen Großstadtleben zu erholen. Nur in München sträuben sich die Menschen bislang gegen das Kleingärtnern. Doch nun bläst der Stadtrat zur Offensive, damit sich auch die Münchner endlich die Hände dreckig machen.

Von Katja Riedel

Nun sollen sich die Münchner also die Hände schmutzig machen. Sie sollen mit den Fingern in der Erde graben, sich bücken, um Unkraut zu zupfen und Samen in den Boden drücken. Das, glaubt zumindest eine Mehrheit des Münchner Stadtrates, soll eine wohltuende Wirkung entfalten: zum Gewinn der Menschen und der Stadt. Denn München, das sich sonst seiner ausladenden Grün- und Erholungsflächen in Parks und an der Isar erfreut, hat bisher ein Defizit: In keiner anderen Großstadt außer Stuttgart gibt es weniger Kleingärtnerei als in der bayerischen Landeshauptstadt, wo Kleingärten nur 1,3 Prozent der Stadtfläche ausmachen.

Etwa 8400 Münchner haben derzeit von der Stadt eine Parzelle gepachtet, hinzu kommen solche privater Vereine. Bis 2008 kamen jährlich 42 neue städtische Gärtchen hinzu - seitdem stagniert die Zahl. Auf 100 Münchner kommt nicht einmal ein Kleingärtner, in Leipzig, der deutschen Kleingartenhauptstadt, nehmen dagegen sechs von 100 Stadtbewohnern regelmäßig die Harke in die Hand.

Hier soll München nun möglichst aufschließen - mithilfe der modernen Nachfahren eher spießiger Nachkriegskolonien, mit Projekten urbaner Gemeinschaftsgärten: wild bepflanzten Verkehrsinseln (Guerilla Gardening), bewucherten Balkonen und PlantagenDächern, mit intelligenten Zwischenlösungen für brachliegende Flächen, auf denen später einmal Wohnungen entstehen werden. Die Gärten sollen so keine neuen Wohnlandschaften verhindern oder zu diesen Flächen in Konkurrenz treten - sie sollen die Stadt wohnlicher und lebenswerter machen.

Gemeinschaftsgärten sollen künftig darum auch beim Bau neuer Wohnanlagen eingeplant werden. Flächen also, die den Bewohnern nicht fertig präsentiert werden, sondern welche diese selbst gemeinsam gestalten und pflegen können - gern auch mit Gemüsebeeten und halbwilden Blumenwiesen. Wenn neue Pachtflächen für Gärten entstehen sollten, haben die Grünen im Stadtrat durchgesetzt, dass dort möglichst ökologisch Obst und Gemüse angebaut werden möge. Dass dies kaum kontrollierbar sein dürfte, räumt der Stadtrat jedoch schon jetzt ein.

Sympathien bekundeten die Stadtpolitiker auch für alle anderen Formen urbanen wie herkömmlichen Gartelns. Und besondere Gemeinschaftsgärten gibt es schon jetzt in vielen Stadtvierteln. Therapeutische, pädagogische oder interkulturelle Gemeinschaftsgärten, zum Beispiel an der Gotteszeller Straße in Berg am Laim, wo mehr als 30 Gärtner ihr Gemüse anbauen. Und diese Gärten haben Tradition, betont auch das Planungsreferat in einer fast buchstarken Vorlage. Gemeinsames Gärtnern sei ein Teil der Stadtgeschichte. Schon im Mittelalter legten sich sogenannte Krautgärten wie ein Ring um die Stadt herum. Eine Tradition, die seit 1999 wiederbelebt worden ist. Rund um die Stadt gibt es inzwischen wieder 18 Krautgärten und insgesamt 1114 Parzellen. Für jeweils acht Monate werden diese von der Stadt oder dem jeweiligen Bauern verpachtet.

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