Urban-Art-Messe Stroke.02:Vorsicht, Kunst!

Von der Straße in die Ausstellung: Sie haben oft Namen wie Hip-Hopper und "batteln" sich sich mit Markern auf Leinwänden: Urban Artists. Nun trifft sich die internationale Szene zum dritten Mal in München.

Johanna Bruckner

Kunst gehört in Museen und Galerien, wo sie aus sicherem Abstand und mit der angemessenen Ehrfurcht bewundert wird. Nicht so Urban Art. Die Kunstrichtung, die ihre Wurzeln in den USA hat, "bezieht sich auf alle Kunstformen, die man in einer Stadt finden kann - vor allem Graffiti und Sticker-Art", erklärt Beastiestylez, eine Münchner Künstlerin Anfang 30, die weder ihr genaues Alter noch ihren echten Namen sagen will.

Maximilian Geuter Dimitri I

Der Münchner Fotokünstler Maximilian Geuter geht mit einer alten Polaroid- und Digital-Kameras auf Motivsuche. Diese Aufnahme aus dem Jahr 2006 trägt den Titel "Dimitri".

(Foto: Maximilian Geuter)

Sie ist eine der wenigen Frauen einer Kunstszene, deren Protagonisten oft heißen wie Hip-Hopper oder Rapper. Und für die es normal ist, dass ihre Werke manchmal nur wenige Stunden Bestand haben - bevor sie von der Stadt oder einem anderen Urban Artist übermalt werden: "Urban Artists wachsen quasi in dem Bewusstsein auf, dass es zu wenig Platz gibt. Gerade München ist sehr restriktiv, was die Freigabe von freien Flächen angeht. Wände bemalen ist in Beamtenköpfen Sachbeschädigung. Also ist es logisch, dass man sich die legalen Flächen teilen muss."

Kunst, die Spaß macht

Für Beastiestylez, die Kunst, Architektur und Kommunikationsdesign studiert hat, ist der Entstehungsprozess wichtiger als das fertige Kunstwerk: "Bei Urban Art geht es weniger darum, was mit dem fertigen Graffiti oder Bild passiert. Wichtig ist der Spaß beim Malen."

Doch auch wenn die Straßenkünstler einen anderen Bezug zu ihren Werken haben wie Kreative im klassischen Kunstsektor - sie nehmen ihre Arbeit durchaus ernst. So findet nun bereits zum dritten Mal die Stroke, eine internationale Messe für Urban Art, in München statt. Vom 27. bis 30. Mai sind in der Landeszentralbank am Englischen Garten internationale Größen der Szene mit ihren außergewöhnlichen Kunstwerken zu bestaunen - und selbstverständlich sind auch Künstler aus der bayerischen Landeshauptstadt vertreten.

Der Münchner Maximilian Geuter ist Fotograf, kein Sprayer - und damit kein typischer Urban Artist. Doch den, so betonen sowohl Beastiestylez als auch Geuter, gibt es eigentlich sowieso nicht. Letzterer will mit seiner Arbeit nichts weiter, als das "Schöne und die Vielfalt der Welt" zeigen. Um dem gerecht zu werden, beschränkt sich der Fotokünstler sich nicht nur auf eine Technik: Er geht sowohl mit einer alten Polaroid-Kamera, als auch mit Digitalkameras auf Motivsuche - und findet Schönheit bisweilen auch im Morbiden.

Das gehört auch zu Urban Art: Die ist nicht nur im wahrsten Sinne des Wortes plakativ - knallige Graffiti prangen auf Häuserwänden und S-Bahnzügen, Sticker verzieren Straßenlaternen und Stromkästen - sondern häufig auch provokant. "Ich male gerne Frauen, die zwischen den Beinen bluten - weil das ein Schockthema ist", sagt Beastiestylez. Und Maximilian Geuter sorgt für den Wow-Effekt, indem er Gegenstände ihrer natürlichen Umgebung entrückt - so hat er beispielsweise Kinderspielzeug im Wald abgelichtet.

Künstlerische Wiederbelebung

Kennzeichnend für Urban Art ist auch das gemeinschaftliche Kreativ-Sein. Beim gemeinsamen Arbeiten wird dann schon mal totes Leben künstlerisch wiedererweckt.: Basis des Werks Gerlach-Geuter 01 ist das Foto eines abgestorbenen Baumstumpfs. Mit Acrylfarben hat dann ein Kollege von Geuter, Rafael Gerlach alias SatOne, eine Pumpe dazu gemalt. "Der vormals tote Baum hat eine neue Pumpe, ein neues Herz bekommen" , erläutert der Fotokünstler.

Auch Beastiestylez malt gerne im Team: Im vergangenen Herbst hat sie mit einem befreundeten Künstler an der "Secret Wars Battle Tour" teilgenommen. Bei so genannten "Secret Wars" duellieren sich Urban Artists bewaffnet mit schwarzen Markern auf der Leinwand - live vor Publikum. Die Arbeitszeit ist beschränkt; wer den meisten Applaus bekommt, gewinnt.

"Wir haben überlegt, was man schnell zeichnen kann: Ich bin dann auf einen Baum gekommen, der sich über das ganze Bild zieht. Daraufhin war klar: Fader muss mich irgendwo ansägen, zerstören. Das hat auch ganz gut auf unsere Kombo gepasst: Er, der Mann, der wie wild an mir, der Frau, rumsägt, rumbaggert", erzählt Beastiestylez.

Auch auf der Münchner Urban-Art-Messe werden zahlreiche Live-Paintings zu beobachten sein. Eine Gelegenheit, ihre Kunst einem breiteren Publikum nahezubringen, die sich Beastiestylez nicht entgehen lässt: Am 27.05. wird die Münchnerin ihr Können beim Paint-Club-Marker-Battle auf der Stroke demonstrieren.

Fotograf Maximilian Geuter ist ebenfalls vor Ort - und froh dabei zu sein. Er schätzt an der Münchner Messe, dass sie nicht in erster Linie kommerziell ist - und eine Kunstrichtung vorantreibt, die zwar immer bekannter wird, aber noch "in den Kinderschuhen" steckt.

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