Ein Hund ist kein Buckelwal, kein Mantarochen und auch kein Walhai. Diese riesigen Meerestiere hat Sven Gruse alle schon vor der Kamera gehabt, in Mosambik, vor der Küste Thailands, im Roten Meer. Sven Gruse ist schließlich Unterwasserfotograf, Tauchlehrer und Weltreisender. Und dann soll er einen Hund unter Wasser fotografieren?
Gruse grinst. Er steht in einem kleinen Pool, Lutz quietscht vor Aufregung. Lutz jault, bellt, springt ins Wasser. Es spritzt. Und Gruse drückt ab.
Was auf den Fotos zu sehen ist, die Sven Gruse mit seiner Unterwasserkamera gemacht hat, sieht aus wie ein gewaltiges Raubtier. Weit aufgerissenes Maul, weiße scharfe Zähne, aus der schwarzen Schnauze blubbern Blasen. Lutz ist eigentlich ein kleiner Deutscher Jagdterrier in der Größe einer Laptoptasche mit Hang zum Bälleschnappen. Wenn er dafür auch noch ins Wasser springt, wird er zum wilden Tier, unter Wasser gar ein Monster.
Sven Gruse ist fasziniert von den Unterwasserwahrheiten, die ein Hund beim Tauchgang preisgibt. Manche Tiere fletschen die Zähne, andere blasen schielend Luft aus den Nasenlöchern. Es sind Bilder von grotesker Schönheit, die dem Fotografen gelingen, indem er Hunde in einen Pool lockt, dann die Kamera knapp unter die Wasseroberfläche hält und abdrückt. "Im Idealfall springen sie gleich vom Beckenrand rein", sagt Sven Gruse, der mitten im Pool steht.
Aber einen gewissen Grundgehorsam bräuchten die Hunde trotzdem, damit das mit dem Fotoshooting klappt. Seit einem Jahr bietet der 40-Jährige diese außergewöhnlichen Fotosessions für Hundebesitzer an. Bislang vor allem in Potsdam, wo er geboren ist, aber nun auch in seiner Wahlheimat München, wo der studierte Betriebswirt zehn Jahre lang in einer Vermögensverwaltungsfirma arbeitete, zuletzt als Investmentfondmanager. Und dann Hunde unter Wasser ablichten?
Die Entscheidung für etwas Neues
"Es war keine Entscheidung gegen meinen Job", sagt Sven Gruse. Es war einfach die Sehnsucht nach dem Unbekannten, dem Fremden. Die Geschichte beginnt mit einer Weltreise.
Vor einigen Jahren überlegte er mit seiner Partnerin, mit einem alten Steyr-Lastwagen in Richtung Russland und die Mongolei aufzubrechen und München eine Zeit lang hinter sich zu lassen. "Wir haben uns gesagt, entweder jetzt oder nie", sagt Sven Gruse. Aus der Russlandfahrt wurde eine mehrjährige Reise rund um die Welt, im Sommer 2016 kehrten die beiden wieder nach München zurück. Gruse hatte seine Unterwasserkamera im Gepäck, die er sich gekauft hatte, nachdem er mit 30 Jahren zunächst den Tauchschein und dann auch noch die Ausbildung zum Tauchlehrer gemacht hatte.