Untermenzing:Auf Abwegen

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Lauschiges Eck an falscher Stelle: Die Angerlohstraße muss im Bereich des Anwesens Nummer 123 von einem Privatgrundstück verschwinden. (Foto: ales)

Die Angerlohstraße in Untermenzing muss umziehen - bereits seit Jahrzehnten verläuft sie teilweise auf einem Privatgrundstück. Bis zu den Sommerferien sollen die Arbeiten abgeschlossen sein

Von Johannes Korsche, Untermenzing

Was momentan in Untermenzing passiert, ist eine "exotische Sache", findet Klaus Löffelbein, Sprecher des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH): Erst wanderte die Angerlohstraße über die Jahre auf ein privates Grundstück, jetzt muss sie wieder auf ihren eigentlich vorgesehenen Platz umziehen - zumindest in einem Abschnitt von 75 Metern. Das ist das Ergebnis eines mehrjährigen Rechtsstreits zwischen dem Eigentümer des Privatgrundes und der Stadt. "Manchmal kommt es eben vor, dass der tatsächliche Verlauf einer Straße vom rechtlichen abweicht", erklärt Löffelbein.

Die Angerlohstraße ist die einzige Zufahrt zu der kleinen Siedlung "Untere Angerlohe" mit etwa 25 Häusern. Sie führt durch einen Wald, anschließend vorbei am Allacher S-Bahnhof zur Allacher Straße. Seit 1962 ist im Straßenbestandsverzeichnis festgehalten, auf welchen Grundstücken, den sogenannten Fluren, der "öffentliche Feld- und Waldweg" verlaufen sollte - und auf welchen nicht. In dem Waldstück ist die Straße zwar eher ein asphaltierter Weg als eine vielbefahrene Verkehrsader, trotzdem aber zu breit, um städtischen Grund nicht zu verlassen.

Wann genau und warum die Straße wanderte, konnte das Gericht nicht klären. Als die Angerlohstraße im Jahr 2012 zuletzt neu asphaltiert und mit einem Kiesbett an den Seiten ausgebaut wurde, verlief sie bereits "in einer Flurnummer, in die sie nicht hineingehört", sagt Löffelbein. Auf dem Land komme so etwas häufiger vor, in einer Stadt sei das eher ungewöhnlich, ordnet er ein. Umso ungewöhnlicher, da die Sprecherin des städtischen Baureferats, Dagmar Rümenapf, davon ausgeht, dass die Angerlohstraße schon "vor dem Krieg in einem kurzen Abschnitt" auf fremdem Grund verlief. Der Eigentümer nahm den Ausbau 2012 vermutlich zum Anlass, den Straßenverlauf vom Vermessungsamt überprüfen zu lassen - der Beginn des Rechtsstreits.

Dabei scheint die Rechtslage klar zu sein: Die Angerlohstraße verläuft teilweise auf Privatgrund. Das Münchner Verwaltungsgericht urteilte daher 2013 in erster Instanz ähnlich wie nun der VGH, allerdings mit einigen Einschränkungen. So sollten beispielsweise nicht alle Asphaltschichten beseitigt werden. Denn der Anspruch, auch die ältesten Straßenschichten zu entfernen, sei verjährt. Dagegen wehrte sich der Anwohner, dem das Grundstück seit 1981 gehört, erfolgreich.

Da das Urteil so bald wie möglich umgesetzt werden muss, laufen derzeit "die vorbereitenden Planungen und die Vergabe der Straßenbauarbeiten", teilt Rümenapf mit. Zu diesen Vorbereitungen gehört auch, dass kürzlich vier Bäume gefällt wurden, die dem neuen Straßenverlauf im Weg standen. Die Stadt hatte vor Gericht erfolglos darauf verwiesen, dass die Straßenverlegung einen Eingriff in ein naturschutzrechtlich geschütztes Flora-Fauna-Habitat (FFH) erfordere und damit nicht möglich sei. Die Richter entschieden aber, dass das Eigentumsrecht in diesem Fall schwerer wiege als der Schutz der Bäume. Wann die Bauarbeiten weitergehen, steht noch nicht fest; allerdings sollen sie bis zu den Sommerferien abgeschlossen sein. Die Stadt wird die Anwohner rechtzeitig informieren, wenn die Angerlohstraße für wenige Stunden gesperrt wird. Rettungsfahrzeuge könnten während dieser Zeit weiterhin zur Unteren Angerlohe fahren. Was der erzwungene Umzug der Straße letztlich kostet, ist noch unklar. Sicher ist nur, dass die Stadt neben den Verfahrenskosten für beide Instanzen auch für die Baukosten aufkommen muss.

In der Folge des Urteils könnte es in Untermenzing zu weiteren Straßenarbeiten kommen. Heike Kainz, CSU-Stadträtin und Vorsitzende des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing, will das Urteil nutzen, um erneut über eine bessere Anbindung der Unteren Angerlohe zu diskutieren: "Vielleicht ergeben sich aus dem Urteil Ansatzpunkte, um eine Verbindungsstraße hin zur Ludwigsfelder Straße zu ermöglichen." Diese Idee war bisher an naturschutzrechtlichen Einwänden gescheitert.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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