Unterhaltsvorschuss:Intime Fragen an Alleinerziehende gehen zu weit

Reform des Unterhaltsvorschusses für Alleinerziehende

Alleinerziehende sehen sich beim Münchner Jugendamt Fragen ausgesetzt, die unter die Gürtellinie gehen.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Das Münchner Jugendamt will von einer Mutter wissen, wo und wie oft der Sex stattfand, weil sie Unterhaltsvorschuss beantragt. In der Sache bringt das nichts. Und es trifft vor allem die Kinder.

Kommentar von Sven Loerzer

Für Alleinerziehende ist das Unterhaltsvorschussgesetz an sich eine wichtige Hilfe. Es schafft etwas mehr finanzielle Sicherheit für den Elternteil, bei dem das Kind lebt, und erspart den Kampf um eine regelmäßige Unterhaltszahlung. Denn diese Aufgabe übernimmt der Staat, der das Geld bei Unterhaltspflichtigen eintreibt, wenn sie leistungsfähig sind. Meist sind es die Väter, die davon betroffen sind, weil sie nur unregelmäßig oder gar nicht Unterhalt bezahlen für das Kind, das bei der Mutter lebt.

Um in diesem Fall die Chance zu haben, den Unterhaltsvorschuss vom Vater zurückzuverlangen, sieht das Gesetz eine Mitwirkungspflicht der Antragsteller vor. Gibt die Mutter an, dass der Vater unbekannt ist, muss sie damit rechnen, dass die Behörde noch einmal nachfragt, ob es nicht doch irgendwelche Anhaltspunkte gibt, die es zulassen, den Vater zu ermitteln. Das ist in Ordnung.

Der Fragenkatalog jedoch, den das Münchner Jugendamt alleinerziehenden Müttern bei einem solchen Gespräch vorlegt, geht weit hinaus über das, was zur Ermittlung des Vaters dienlich sein könnte. Die Fragen lassen nicht nur erkennen, dass sie getragen sind von dem Gedanken, die Mutter wolle den eigentlich Unterhaltspflichtigen verheimlichen, um ihn zu schonen. Die Frage danach, wo und wann der Geschlechtsverkehr stattfand, erlaubt kaum Rückschlüsse auf den Vater, wie oft der Geschlechtsverkehr stattfand, spielt gar keine Rolle.

Wer darauf nicht antworten will, weil ihm die Fragen zu weit gehen, hat keine Chance, einen Unterhaltsvorschuss zu erhalten. Dass es auch flüchtige Begegnungen gibt, die nicht ohne Folgen bleiben, gehört zur Lebenswirklichkeit. Dinge, die man lieber für sich behält, in allen Details ausbreiten zu müssen, bringt Frauen in eine peinliche Lage.

Dass eine Behörde ohne das nötige Einfühlungsvermögen für die Betroffenen vorgeht, ist höchst ärgerlich. Noch schlimmer aber ist, dass ein solches Handeln vom Gesetz gedeckt ist. Es darf nicht sein, dass Frauen, die - aus welchen Gründen auch immer - den Vater ihres Kindes nicht benennen können, Hilfe erst nach einer entwürdigenden Befragung erhalten.

Dabei wird das Sozialreferat nicht müde, darauf hinzuweisen, dass Alleinerziehende überdurchschnittlich von Armut betroffen sind. Wenn das Amt die Hilfe verweigert, trifft das vor allem die Kinder, weil das Geld dann kaum zum Lebensunterhalt reicht.

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