Untergiesing:Pimp your Viertel!

Tex-Mex-Lokale verdrängen Traditionswirtschaften, Yuppies ziehen in die Wohnungen der Arbeiter: Untergiesing verändert sich. Viele meinen: nicht gerade zum Guten.

Lisa Sonnabend

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Untergiesing, einst das Arbeiterviertel der Stadt, durchlebt gerade einen Wandel. Rund um Kolumbusplatz und Candidplatz ist vieles nicht mehr wie zuvor. Die kleinen Gassen mit Kopfsteinpflaster wie hier in der Sommerstraße gibt es zwar immer noch. Doch an vielen Stellen wird gebaut. Wird Giesing in ein, zwei Jahren noch immer so schlicht, ehrlich und durchaus auch beschaulich sein? Oder werden Yuppies und Szenegänger hier einfallen, Tagescafés und Nachtclubs sich breitmachen?

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Viele Häuser und Wohnungen in Untergiesing werden derzeit saniert und anschließend neu vermietet oder verkauft - zu deutlich höheren Preisen. Fast immer ziehen nicht mehr die ehemaligen Mieter ein, sondern betuchtere Neumieter.

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Nur wenige Meter von der Burg Pilgersheim entfernt sitzt Norbert (links) an einem Donnerstag um 13 Uhr in Ingrids Bierstüberl. Er lebt seit 1965 in Untergiesing. "Zur Zeit verändert sich viel", sagt Norbert. "Aber nur weniges zum Guten." Sein Lieblingsfriseur ist verschwunden, der Spar wurde durch einen teureren Supermarkt ersetzt. "Nur hier bei Ingrid ist noch alles genau so wie vor 50 Jahren."

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Zu den steigenden Mieten sagt Norbert: "Ich kann es mir kaum mehr leisten, hier zu wohnen." Den Einzug der Yuppies fürchtet das Untergiesinger Ur-Gestein allerdings nicht, da viele Wohnungen (wie hier in der Voss-Straße) Genossenschaftswohnungen seien und deswegen nicht jeder hier einziehen dürfe.

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Doch schon seit einigen Monaten ist zu beobachten, dass immer mehr hippe Großstädter, denen es im Glockenbachviertel zu laut und unruhig geworden ist, auf die andere Seite der Isar ziehen. Kleine Werbe- und Grafikagenturen, Architekturbüros und IT-Klitschen nisten sich in den Erdgeschoss- oder Souterrainwohnungen der alten Gebäude ein.

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An vielen Stellen in Untergiesing sind die Altbauten bereits saniert. Nun werden Mieter für die schicken Büros gesucht, wie hier im neuen "Giesing Businesscenter" in der Pilgersheimer Straße.

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Für einige ist in diesem neuen Untergiesing kein Platz mehr. Die Bäckerei Petermeier, die in den Hinterräumen der Verkaufsstube ihre Waren noch selbst herstellt, muss zum Jahresende schließen. Der Pachtvertrag wurde nicht verlängert, nun zieht eine Filiale einer großen Bäckereikette ein.

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Birgit Berger, Mitinhaberin, sagt: "Alles in unserem Viertel wird luxussaniert und die Mieten immer teurer." Die Bäckerei Petermeier bemüht sich, einen neuen Laden zu suchen. "Doch es ist sehr schwierig, geeignete Räume zu finden, in denen wir selber Brot herstellen können", sagt Berger. Ihre Angestellten und Lehrlinge stehen somit wohl bald auf der Straße. Und in Untergiesing geht wieder ein Stück Stadtviertelkultur verloren.

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Einige Traditionsgeschäfte können sich noch halten. In der Hosenträgernäherei in der Oefelestraße 3 lassen sich die Untergiesinger werktags von 14 bis 18 Uhr die Träger reparieren. Doch wie lange werden sich die Traditionsgeschäfte gegen das Streben der Sanierer noch behaupten können?

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Der kleine Laden Ecke Sommerstraße/Untere Weidenstraße hat den Kampf bereits verloren. Hier wird seit längerem schon weder Butter, Milch noch Käse verkauft. Darüber, wer nun hinter den zugezogenen Gardinen lebt, kann nur gemunkelt werden.

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Auch das Bistro P 48 in der Pilgersheimer Str. 48 hat schon bessere Zeiten gesehen. Hier haben sich bis vor kurzem Sechziger-Fans, Raucher und Kartenspieler getroffen. Ob das P 48 demnächst wieder eröffnen wird, bleibt zu bezweifeln. Denn der Telefonanschluss ist bereits abbestellt.

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Doch noch gibt es sie die ursprünglichen Ecken in Untergiesing, die sich noch kein Finanzhai unter den Nagel gerissen hat. Die Schrebergartensiedlung an der Claude-Lorrain-Straße zum Beispiel.

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