Untergiesing/Harlaching:Einigkeit ohne Konsens

Sebastian Weisenburger kann als neuer Vorsitzender im Bezirksausschuss auf eine komfortable grün-rote Mehrheit bauen - und die wird er wohl auch brauchen

Von Julian Raff, Untergiesing/Harlaching

Je nach Thema, hat der Bezirksausschuss Untergiesing-Harlaching bisher entweder einstimmig oder ziemlich knapp entschieden, mit manchmal widersprüchlicher Beschlusslage. Künftig könnten klarere Verhältnisse herrschen. Die konstituierende Sitzung des Gremiums zeigte, dass sich der neue Vorsitzende Sebastian Weisenburger (Grüne) auf eine komfortable Mehrheit aus zehn Stimmen seiner eigenen Fraktion und die fünf Mitglieder der SPD verlassen kann. Womöglich wird er dies aber auch müssen - denn sein erklärter Wunsch nach dem ganz breiten Konsens erfüllte sich nicht.

Da zwei Vertreterinnen des grün-roten Bündnisses aus guten Gründen verhindert waren, kam dieses auf 13 von 23 Stimmen. Sieben der übrigen zehn BA-Mitglieder gaben einen ungültigen Stimmzettel ab, Weisenburger erhielt also 16 Stimmen. Grün-Rot sieht sich im neuen BA sechs CSU-Mitgliedern gegenüber. Die beiden Vertreter der Freien Wähler und dem "Bündnis fürs Viertel" haben sich mit der FDP zu einem Dreierbund zusammengetan. Die AfD hält einen Sitz.

Untergiesing/Harlaching: Sieben Mitglieder geben bei der Sitzung im Saal des Alten Rathauses ungültige Stimmzettel ab.

Sieben Mitglieder geben bei der Sitzung im Saal des Alten Rathauses ungültige Stimmzettel ab.

(Foto: Robert Haas)

Für die CSU erklärte Andreas Babor den Verzicht auf eine Gegenkandidatur, um so in schwieriger Zeit "symbolisch Einigkeit zu zeigen". Ähnlich geräuscharm und diplomatisch ging die Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden vonstatten. Alleinkandidatin Heike Kraemer (SPD), Gymnasiallehrerin für Chinesisch, 51 Jahre alt und seit 2017 im Gremium, erhielt 17 von 23 Stimmen. Das gleiche Ergebnis erzielte Ferdinand Brinkmöller von der CSU bei seiner konkurrenzlosen Wahl zum zweiten Stellvertreter des Vorsitzenden. Der 61-jährige selbständige IT-Berater positioniert sich bei Umwelt- und Verkehrsthemen gern gegen die Grünen mit Verweis auf seine Expertise als Diplom-Meteorologe.

Das Stimmverhalten bei der Vorstandswahl wiederholte sich mit kleinen Abweichungen bei der Kür der Vorsitzennden der Unterausschüsse (UA), die ebenfalls ohne Gegenkandidatur ablief. Erneut bildet der BA sechs Ausschüsse, verkleinert von jeweils neun auf sieben Mitglieder. Die Ägide übers Budget liegt künftig bei Julia Fitzner. Die Juristin und Grünen-Listenführerin erhielt 15 von 23 Stimmen. Um Mobilität und Verkehr kümmert sich mit Norbert Weigler ebenfalls ein Grüner. Weigler, der 15 Jahre lang im Altstadt-BA saß, erhielt ebenfalls 15 Stimmen. Mit Babette Lischka (16 Stimmen) übernimmt eine weitere Grüne den UA für Umwelt und Klima. Zwei Untergremien gehen an die SPD: Den UA Soziales leitet die altgediente Kommunalpolitikerin Helga Hügenell, gewählt mit 14 Stimmen. Für Kultur, Sport und Vereine ist die neu gewählte Violetta Rosendahl (14 Stimmen) zuständig. Auf 18 Stimmen kam Ex-BA-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) bei seiner Wiederwahl zum Vorsitzenden des UA Bau und Planung. Gleichstellungsbeauftragte wurde Julia Fitzner (Grüne), Beauftragte für Rad- und Fußverkehr ihre Fraktionskollegin Dietlind Alber. Dem alten und neuen Rechtsextremismus-Beauftragten Peter Ödinger (CSU, nicht mehr im BA) stehen nun Günther Görlich (FW) und Maximilian Scherer (Grüne) zur Seite. Auf eine kurze Amtszeit hofft der Corona-Beauftragte Andreas Babor (CSU).

Untergiesing/Harlaching: Neuer Gremiums-Chef im Stadtbezirk: Sebastian Weisenburger wird von 16 der 23 Mitglieder gewählt.

Neuer Gremiums-Chef im Stadtbezirk: Sebastian Weisenburger wird von 16 der 23 Mitglieder gewählt.

(Foto: Robert Haas)

Nach zweieinhalbstündigem Wahl-Prozedere blieb den Politikern noch Zeit, die Themen-Bugwelle in einer Arbeitssitzung wenigstens ein bisschen abzuflachen. Das straffe Pensum stand dabei einer gewissen Lässigkeit nicht entgegen: Im weitläufigen Sitzungssaal des Alten Rathauses hatten fast alle Anwesenden recht bald ihre Masken beiseitegelegt, der besseren Verständlichkeit wegen und auch, um leibliche Bedürfnisse zu stillen. Baumgärtner etwa versorgte seine Fraktion mit Essen eines globalen US-Fast-Food-Lokals.

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