Container-Dilemma in München:Warum die Stadt kaum noch Sammelboxen im Boden versenkt

Container-Dilemma in München: Bis die Unterflurcontainer am Thomas-Wimmer-Ring auf Höhe der Knöbelstraße standen, hat es gedauert.

Bis die Unterflurcontainer am Thomas-Wimmer-Ring auf Höhe der Knöbelstraße standen, hat es gedauert.

(Foto: Mark Siaulys Pfeiffer)

Seit mehreren Jahren kämpfen Anwohner und Politiker im Prinz-Eugen-Park dafür, dass sie die versprochenen Unterflurcontainer bekommen. Eine Entsorgungsmisere, die auch andere Stadtviertel beschäftigt.

Von Lea Kramer

Wer es nicht so mit dem Abriss der Kalenderblätter hat, kann in München gut an den Wertstoffinseln ablesen, wann mal wieder ein Feiertag war. Rund um die dickbauchigen beigefarbenen Glascontainer bildet sich dann oft ein wahres Glasmeer. Nicht nur die Flaschen auf der Erde, sondern auch die oberirdischen Container sind im Bogenhauser Neubaugebiet "Prinz-Eugen-Park" zum Daueraufreger geworden. Es geht um Planungsfehler, gebrochene Zusagen - und um Auflagen mit Auswirkungen auf das gesamte Stadtgebiet.

"Uns ist es wichtig, das beste Müllsystem für München zu finden. Das System, bei dem alles stimmt: Klimabilanz und Komfort", so formulierte es Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) im Dezember, als sich der Stadtrat für einen mittlerweile gestarteten Pilotversuch zum Sammeln von Plastikmüll ausgesprochen hatte. Die Methode, mit der momentan Verpackungsmüll gesammelt wird, also das System der gut 1000 beigen Bauchtonnen, die im gesamten Stadtgebiet am Straßenrand aufgestellt sind, steht in der Kritik.

Die Standorte für das komplizierte Trennsystem, dem Naturschützer wie Münchner skeptisch gegenüberstehen, sind in der Vergangenheit mitunter eher pragmatisch denn planvoll gewählt worden. Im Prinz-Eugen-Park im Münchner Nordosten hätte alles anders werden sollen. Bevor die Straßen fertiggestellt waren, hatte man sich 2016 auf den Einbau sogenannter Unterflurcontainer, unterirdischer Sammelboxen für Wertstoffe, verständigt.

Zwischenzeitlich ist das neue Quartier zwischen Cosima- und Freischützstraße zwar voll bezogen und wird wegen seines Mobilitätskonzepts sowie der ökologischen Bauweise hoch gelobt. Die ursprünglich vorgesehenen Unterflurcontainer gibt es dort allerdings noch immer nicht.

Und das, obwohl der Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) das Müllsammeln unter der Erde eigentlich gut findet. "Besonders in München sind Flächen knapp und teuer. Auch Müllbehälter belegen wertvolle Flächen", heißt es auf der Webseite der städtischen Tochtergesellschaft. Mit Unterflursystemen lasse sich viel Platz sparen, in Neubauten könnten die Container "eine sinnvolle Alternative sein". Dass sich der Vorschlag explizit an private Bauherrinnen und Eigentümer richtet, hat einen Grund: Selbst will oder kann die Stadt auf öffentlichen Flächen unterirdische Sammelbehälter für Glas, Metall und Kunststoffe nicht einbauen.

DSD - kein Superstar, sondern ein Müllkürzel

Die Gründe für diese Müll-Misere sind kompliziert. Sie verbergen sich hinter Abkürzungen wie "VerpackG" und "DSD", die für Verpackungsgesetz und die Duales System Holding GmbH & Co. KG stehen. Während in Deutschland die Kommunen dafür zuständig sind, den Rest-, Bio- und Papiermüll zu entsorgen, gehören Verpackungen nicht in ihren Aufgabenbereich. "Die Hersteller und Herstellerinnen von Verpackungen werden durch § 7 VerpackG verpflichtet, sich an einem vorhandenen flächendeckenden Rücknahmesystem, genannt Duales System Deutschland (DSD), zu beteiligen", heißt es dazu aus der Pressestelle des AWM. Das heißt, dass jedes Unternehmen, das verpackte Ware in den Umlauf bringt, Geld für die spätere Beseitigung zahlen muss.

Container-Dilemma in München: Oberirdisch befinden sich nur die mehr oder minder großen Einwurfschächte, die eigentlichen Sammelboxen sind unter der Erde angebracht.

Oberirdisch befinden sich nur die mehr oder minder großen Einwurfschächte, die eigentlichen Sammelboxen sind unter der Erde angebracht.

(Foto: Mark Siaulys Pfeiffer)

Organisiert wird die Abfuhr von den dualen Systemen. "Per Gesetz ist es Aufgabe der DSD, die Verkaufsverpackungen, bestehend aus den Fraktionen Glas und Leichtverpackungen, ordnungsgemäß zu sammeln, zu sortieren und anschließend zu verwerten", so der AWM. Private Gesellschaften kümmern sich um diese Wertstoffe, stellen Container auf und leeren sie. In München sind das die Firmen Remondis und Wittmann. Vom Herbst 2020 an hätten die Firmen auch drei Standorte mit Unterflurcontainern im Prinz-Eugen-Park ansteuern sollen. Die Kosten für den Einbau hatte die Stadt übernehmen wollen, wie sie es zuvor in Obersendling oder Moosach getan hatte. Aus möglichen Überschüssen des Abfallwirtschaftsbetriebs darf das aber nicht mehr finanziert werden. Das hat der Kommunale Prüfungsverband, der überörtliche Rechnungshof der bayerischen Städte und Gemeinden, 2020 angemahnt. Mit Müllgebühren dürfe die Stadt "eine gewerbliche gewinnorientierte DSD-Sammlung nicht unterstützen", so der AWM.

Die unterirdischen Boxen sind teuer

Angesichts der Gesamtkosten - je nach Standort immerhin zwischen 15 000 und 100 000 Euro - dürften die privaten Dienstleister nur wenig motiviert sein, die unterirdischen Boxen allein zu realisieren. Weil die Regel nicht nur im Prinz-Eugen-Park, sondern stadtweit gilt, haben auch andere Viertel ein Problem. Für das neue Wohngebiet auf dem Areal der ehemaligen Bayernkaserne hat sich zumindest die städtische Wohnbaugenossenschaft Gewofag bereit erklärt, die unterirdische Müllbeseitigung finanziell unterstützen zu wollen.

In Freiham hingegen ist der Stadtrat erst im zweiten Bauabschnitt aktiv geworden. Weil eine entsprechende Fläche im Bebauungsplan schon ausdrücklich reserviert worden ist, steht dort jetzt Geld für den Einbau der versenkbaren Container bereit. Eine Arbeitsgruppe kümmert sich derzeit um die Suche nach geeigneten Standorten. Im ersten Bauabschnitt hingegen müssen die Freihamer ihre Wertstoffe weiter oberirdisch entsorgen. Ähnlich wie im Prinz-Eugen-Park werden sich die provisorischen Sammelstellen dort wohl verstetigen.

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