Unschuldig in Haft:Freispruch für "Badewannen-Mörder"

Walter H. saß wegen fast zehn Monate lang unschuldig im Gefängnis. Jetzt wurde er freigesprochen.

Alexander Krug

Walter H., 52, wirkt bemerkenswert ruhig und gelassen. Dass er fast zehn Monate lang unschuldig im Gefängnis saß, ist ihm nicht anzumerken. Das Landgericht hat ihn am Freitag vom Vorwurf der Brandstiftung freigesprochen. Walter H. hat nun Anspruch auf eine Haftentschädigung, dürftige 11,50 Euro für jeden Tag hinter Gitter. "Auch wenn man mir 1000 Euro geben würde, jeder Tag in Freiheit wäre mir lieber gewesen", sagt er nach seinem Freispruch lakonisch.

Am Anfang war die Hypothek

Die Geschichte von Walter H. beginnt mit einer Hypothek. Im Mai 1981 lernte er den homosexuellen Lagerarbeiter Werner T. kennen, der ihn in seine Wohnung einlud. Was genau dort passierte, ist nicht ganz klar, vermutlich startete Werner T. einen Annäherungsversuch. Walter H. schlug ihn nieder und legte den Bewusstlosen dann in eine mit Wasser gefüllte Badewanne, wo er ertrank. Der "Badewannen-Mord" beschäftigte mehrere Instanzen, letztlich wurde Walter H. 1985 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Nach Verbüßung von 17 Jahren (einschließlich Untersuchungshaft) kam er 1998 wieder frei und führte jahrelang ein straffreies Leben. Dann kam der 21. Juli vergangenen Jahres. In einer Wohnanlage in der Balanstraße bricht im Keller ein Feuer aus. Die Feuerwehr rückt zum Großeinsatz aus, 24 Menschen werden evakuiert, viele erleiden Rauchvergiftungen. Nur einen Tag später wird Walter H. festgenommen. Er wohnt damals zur Untermiete in dem Haus. Drei junge Männer wollen ihn kurz vor Brandausbruch im Keller getroffen und sich kurz mit ihm unterhalten haben.

Der "Held von Giesing"

Einer dieser jungen Männer wird in den Medien als "Held von Giesing" gefeiert, weil er die Anwohner alarmiert hatte. Der "Held von Giesing" hat allerdings ein umfangreiches Strafregister und ist für das Gericht wenig glaubwürdig. Zumal es Widersprüche und Ungereimtheiten gibt, die Verteidiger Christian Finke schnell herausarbeitet.

Walter H. schweigt zu den Vorwürfen. Auch er hat seine Vorstrafen und die wiegen natürlich schwer. Zumal er nach seiner Mordtat 1981 auch noch versucht hatte, die Wohnung seines Opfers in Brand zu setzen - vermutlich um Spuren zu beseitigen. Die Staatsanwältin jedenfalls ist sich sicher, dass der Angeklagte auch diesmal der Täter ist und fordert eine Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten. Verteidiger Finke beharrt auf einem Freispruch.

Die Richter des Landgerichts folgen seinem Antrag und sie gehen dabei mit den Ermittlern hart ins Gericht. So seien die Sachverständigen damals erst eine Woche nach dem Brand angerückt und bereits weggeräumter Bauschutt sei wieder in den Keller getragen worden.

Entscheidend ist aus Sicht der Richter aber folgendes: Im Keller seien eine Zigarettenkippe und ein Feuerzeug gefunden worden, an beiden Gegenständen hätten sich aber keine Spuren des Angeklagten gefunden. Auch ein Motiv sei nicht erkennbar. Und warum sollte er den Brand ausgerechnet dann gelegt haben, als er bereits von den drei jungen Männern erkannt und angesprochen worden war?

Es ist ein "Freispruch aus tatsächlichen Gründen", sozusagen erster Klasse. Walter H. ist wieder ein freier Mensch, muss aber doch noch einmal ins Gefängnis. Denn dort warten seine Privatsachen auf ihn, die er dringend braucht. Walter H. trägt nämlich immer noch die blaue Häftlingskluft.

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