Universität:"Lasst sie zwischen uns"

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"Die Weiße Rose hat uns geholfen, die Wahrheit zu sehen", sagt Michael Verhoeven bei der Gedächtnisvorlesung im Audimax, "sichtbar für alle Zeiten". (Foto: Stephan Rumpf)

Michael Verhoeven und seine Vorlesung zur Weißen Rose

Von Martin Bernstein

"Das sind keine Helden." Sagt der Regisseur Michael Verhoeven über Hans und Sophie Scholl und die anderen Mitglieder der Widerstandsgruppe "Die Weiße Rose". Verhoeven hat 1982 einen Kinofilm über die Studentengruppe gedreht und ist Mitglied im Beirat der Weißen-Rose-Stiftung. Am Dienstagabend steht er am Pult im Audimax der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, die Studenten schon vor vielen Jahren in Geschwister-Scholl-Universität haben umbenennen wollen, in "jenem Hörsaal, welcher . . .", und hält die alljährliche Gedächtnisvorlesung zu Ehren aller Widerstandskämpfer im Dritten Reich. Verhoeven sagt, wie er die Geschwister Scholl und ihre Mitstreiter sieht: "Sie waren heldenhaft - aber keine Helden. Sie waren ganz normale, alltägliche junge Menschen."

Der Freund von Sophie Scholl, Fritz Hartnagel, hatte schon 1947 in einer Münchner Studentenzeitung geschrieben: "Das sicherlich ehrliche Bemühen, ihr Gedächtnis zu wahren, birgt die Gefahr in sich, dass sie auf einem Denkmalsockel stehen, weit über unser tägliches Leben erhaben. Lasst sie uns hereinholen in unsere Hörsäle, lasst sie zwischen uns sitzen."

Das ist auch Verhoevens Ziel. Der 78-Jährige will zeigen, wie "ganz normale junge Menschen" tun konnten, was die Weiße Rose tat. Der Regisseur zitiert dazu aus Vernehmungsprotokollen der Gestapo. Ein nicht unproblematisches Unterfangen, liefert Verhoeven doch statt historischer Analyse kurze persönliche Einschübe, die die vielen hundert Zuhörer im Audimax bisweilen ratlos mit dem Gehörten allein lassen.

"Man würde sich wünschen, die Weiße Rose wäre da und könnte eingreifen", sagt Verhoeven mit Blick auf die aktuelle politische Lage. Man würde sich vor allem wünschen, die Mitglieder der Widerstandsgruppe könnten sich wehren, wenn, wie vor zwei Wochen, Rechtspopulisten von der AfD versuchen, sie vor ihren politischen Karren zu spannen. Damals hatte ein Kreisverband mit einem Bild von Sophie Scholl für sich geworben. Die Weiße-Rose-Stiftung hat protestiert: "Wer mit Hass und Hetze gegen Minderheiten und Andersdenkende vorgeht, kann sich nicht auf die Weiße Rose berufen. Wir halten es daher für verwerflich, wenn einzelne Personen der Widerstandsgruppe aktuell aus höchst durchsichtigen parteipolitischen Werbezwecken als Gallionsfiguren mißbraucht werden."

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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