Universität:Die LMU sortiert sich neu

Universität: Noch sind die Tiermediziner in der Königinstraße untergebracht.

Noch sind die Tiermediziner in der Königinstraße untergebracht.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) stehen zahlreiche Umzüge bevor.
  • Sechs der 18 Fakultäten sind von einem Standort-Wechsel betroffen. Weitere Umzüge werden wohl folgen.
  • Wie teuer alle bevorstehenden Umzüge der LMU zusammen werden, kann bislang noch niemand seriös beziffern.

Von Jakob Wetzel

Noch sind es nur ein paar Baustellen: eine in Großhadern, eine am Englischen Garten, eine an der Ludwigstraße, eine in Oberschleißheim und eine im Klinikviertel nahe dem Sendlinger Tor.

Doch wenn die Arbeiten in wenigen Jahren abgeschlossen sind, dann wird die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) ihr Gesicht verändern. Der mit 51 000 Studierenden größten deutschen Präsenz-Uni stehen zahlreiche Umzüge bevor, nach derzeitigem Stand sind sechs der 18 Fakultäten von dem Stühlerücken betroffen. Und weitere Umzüge werden wohl folgen.

Die LMU verschafft sich Luft: Denn die "Großstadtuniversität mitten in München", als die sie sich bewirbt, leidet ebenso wie die meisten Bürger daran, dass in dieser Stadt Raum und Platz so teuer, kostbar und umkämpft sind wie in kaum einer zweiten Stadt in Deutschland. Seit Jahren überlegt die Universität, wie sie sich angesichts der Raumnot im Stadtzentrum noch entwickeln kann. Neue Forschungszentren entstanden zuletzt vornehmlich am Stadtrand, in Martinsried, in Großhadern und in Garching. Jetzt aber sortiert sich die LMU neu.

"Wir haben in den vergangenen 20 Jahren fast keinen Zuwachs an Flächen in der Innenstadt gehabt", sagt LMU-Präsident Bernd Huber. "Und das, obwohl die Universität an sich enorm gewachsen ist." Jetzt gebe es endlich die Chance, sich mittelfristig auszudehnen.

Die Lösung ist im Prinzip einfach: Einzelne Fächer wandern an den Stadtrand oder bilden dort zumindest neue Schwerpunkte, dafür bekommen andere Fakultäten mehr Platz im Zentrum. Raus muss zum Beispiel die Tiermedizin: Bis Mitte der 2020er-Jahre zieht sie fast vollständig nach Oberschleißheim, wo sich bereits ein Lehr- und Versuchsgut sowie die LMU-Kliniken für Vögel, Schweine und Wiederkäuer befinden.

Weitere Einrichtungen wie die Klinik für Pferde und ein Institut für Mikrobiologie sollen 2020 fertig werden. Künftig soll es auch ein zentrales Hörsaalgebäude mit Cafeteria geben. Die Tiermediziner, die sich bislang mehr schlecht als recht auf einer traditionsreichen, aber schmalen Fläche zwischen der Königinstraße und dem Englischen Garten drängten, haben dort Raum - und wenn sie wegziehen, machen sie Platz für andere.

Die Lücke am Englischen Garten werden die LMU-Physiker füllen. An der Königinstraße ist bereits ein erstes Forschungsgebäude im Bau, das Nano-Institut, es soll 2019 bezogen werden. Weitere Neubauten werden folgen. Die Physiker seien bislang in "zum Teil wirklich alten Gemäuern an der Schellingstraße" untergebracht, sagt LMU-Präsident Huber. Es sei höchste Zeit, dass sie etwas Neues bekämen.

Wie teuer alle bevorstehenden Umzüge der LMU zusammen werden, kann bislang noch niemand seriös beziffern. Klar ist: Es geht um erkleckliche Summen. Alleine für die drei genannten Neubauten - das Nano-Institut in München sowie die Pferdeklinik und das Institut für Mikrobiologie in Oberschleißheim - zahlt der Freistaat Bayern etwa 110 Millionen Euro. Dabei sind diese Gebäude noch günstig, verglichen mit den Kosten moderner Klinikbauten.

An der Ludwigstraße entsteht eine Super-Bibliothek

Denn auch große Teile der Humanmedizin drängt es an den Stadtrand. Die Frauenklinik, die Poliklinik, die Chirurgie und das Haunersche Kinderspital der LMU ziehen zum Teil in eine Portalklinik, die bis 2022 an der Ziemssenstraße in der Nähe des Sendlinger Tors errichtet wird - sie wird 98 Millionen Euro kosten, das Klinikum bezahlt davon zwei Drittel selbst, den Rest der Staat - und zum Teil ziehen sie nach Großhadern.

Dort und nebenan in Martinsried existiert schon jetzt ein Wissenschafts- und Medizin-Campus der LMU. Kernstück des neuerlichen Umzugs ist das neue Kinderkrankenhaus, das Neue Hauner. Derzeit wird neu berechnet, wie viel es kosten wird. Zuletzt war die Rede von 165 Millionen Euro.

Wenn die Mediziner dann erst einmal an ihren neuen Adressen sind, folgt eine Kaskade weiterer Umzüge. Mathematiker, Informatiker und Statistiker der LMU sollen in das Gebäude der altehrwürdigen Frauenklinik an der Maistraße ziehen, und das Department für Geowissenschaften wandert voraussichtlich bis 2025 in Gebäude, die jetzt noch von medizinischen Instituten belegt sind. Und sie alle werden wiederum leere Gebäude zurücklassen, in denen sich dann andere Fakultäten ausbreiten könnten.

Angesichts all dessen verblasst ein weiterer Umzug nahezu, der für sich genommen ebenfalls enorm ist: derjenige der sprachwissenschaftlichen Fachbibliotheken der LMU in das wohl Ende 2018 bezugsfertige "Philologicum" an der Ludwigstraße. Dort entsteht derzeit eine zentrale Super-Bibliothek für 420 000 Bücher.

Was mit den vielen frei werdenden Flächen geschieht, steht noch nicht fest. Zum Beispiel an der Schellingstraße. Was passiert dort, wenn die Physiker weg sind? "Das hat dann wiederum Folgewirkungen für andere Fächer", sagt LMU-Präsident Huber. Welche genau, das könne man noch nicht sagen. Ab dem Herbst wolle die Universität mit allen beteiligten Fakultäten, mit der Stadt und mit dem Wissenschaftsministerium klären, wer ab 2025 in die dann leer stehenden Gebäude nachrücken wird.

Es stünden schwierige Verhandlungen über viele Details bevor, sagt Huber. Lösungen könne man hoffentlich 2018 präsentieren. Doch zumindest eines scheint jetzt bereits klar: Dass dort, wo jetzt Studenten unterrichtet werden, Wohnungen entstehen oder Firmen einziehen, ist ausgeschlossen. Der Platz wird der LMU wohl erhalten bleiben.

Es gehe nicht darum, Gebäude zu veräußern, teilt das bayerische Wissenschaftsministerium mit. Vielmehr sei das Ziel, in Absprache mit allen Beteiligten "die Kernstandorte unserer Hochschulen zu stärken". Dafür werde man zusammen Konzepte erarbeiten. Es gebe eine gemeinsame Vereinbarung, dass die Gebäude weiterhin wissenschaftsnah genutzt würden, sagt auch Präsident Huber.

Gerade der Physiker-Bau an der Schellingstraße gehöre ja zum Kern des Universitätsgeländes. Und all die komplizierten, bevorstehenden Umzüge sieht der Volkswirtschaftler auch als ein Bekenntnis zu München. "Die entscheidende Botschaft ist: Die LMU will hier in der Innenstadt bleiben."

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