Süddeutsche Zeitung

Internationales Restaurant "Uníco":Ein teurer Traum

Es gehört Mut dazu, ganz am Rande des hippen Glockenbachviertels ein Restaurant aufzumachen, das nur auf kulinarische Ambitionen setzt. Der ehrgeizige Koch Herbert Eineichner hat es trotzdem gemacht.

Alois Gudmund

Liebe Leser, dieser Artikel ist veraltet. Das Restaurant "Unico" gibt es nicht mehr. Mehr Besprechungen finden Sie hier.

Es gibt einige Möglichkeiten, einem neuen Restaurant Erfolg zu verschaffen. Es könnte zum Beispiel einen Standort haben, an dem Laufkundschaft nicht vorbeikommt, ohne mal hereinzuschauen. Es könnte Werbung betreiben noch und nöcher, und am besten sollte der Küchenchef seinen kochmützengekrönten Kopf vor die Kameras in einer der vielen Fernsehkochshows halten. Oder er könnte einfach seinem Können vertrauen und darauf, dass sich die Kunde davon herumspricht. Das ist der schwierigste Weg.

Herbert Eineichners Pferdeschwanz haben wir noch nicht im Fernsehen entdeckt. Auch an seinem Restaurant Uníco sind wir nicht zufällig mal vorbeigelaufen. Am oberen Ende der Maistraße, nahe des Arbeitsamtes, kommt nicht allzu viel Laufkundschaft vorbei, und das kleine Lokal unten in einem ziemlich hässlichen Neubau fällt nach außen kaum auf.

Es gehört also Mut dazu, hier, ganz am Rande des hippen Glockenbachviertels, ein Restaurant aufzumachen, das vor allem auf seine kulinarischen Ambitionen setzt. Gleich gegenüber hat sich zwar Karl Ederer einst Sterneruhm erkocht, bevor er weiterzog in eine feine Innenstadtlage. Das Vorbild schmälert aber nicht die Courage, mit der sich nun wieder ein ehrgeiziger Koch einen Restauranttraum erfüllen will.

Gediegenes Ambiente, spannende Küche

Es ist, so viel muss vorausgeschickt sein, ein teurer Traum. Wer hier zu zweit zu Abend speist, ist schnell 150 bis 200 Euro und gerne mehr los. Doch ist das Können des Kochs sehr wohl auf der Höhe seiner Preise. Eineichner hat bereits für Bayerns Kochdoyen Heinz Winkler gearbeitet und die Küchen ambitionierter Boutique-Hotels auf Gran Canaria geleitet. Und mag das vielleicht etwas zu gediegene Ambiente des kleinen, doch großzügig bestuhlten Gastraums mit seinen orangefarbenen Wänden es auch nicht gleich offenbaren: Er bringt eine wirklich sehr spannende Küche auf seine edel eingedeckten Tische.

Dabei begann unsere Begegnung mit dem Uníco zunächst mit dem nahezu größten anzunehmendem Unfall. Einer Havarie glich jedenfalls, was in der Erbsenschaumsuppe schwamm: eine Stopfleber, außen deutlich zu scharf angebraten und, da nicht gründlich genug entflachst, mit dem Suppenlöffel kaum zu zerteilen, innen unangenehm breiig. Das sollte einem Spitzenkoch nicht passieren, zumal da der durchdringende Geschmack der Leber den der feinen jungen Erbsen recht brutal überwältigte.

Aber es sollte wirklich der einzige Missgriff bleiben. Natürlich kann der Koch mit der - Tierschützern zu Recht nicht geheuren - Stopfleber bestens umgehen. So legte er ein feines, diesmal auf den Punkt gegartes Scheibchen auf ein Steinbuttfilet und betonte so gekonnt den Eigengeschmack des vor Saft und Kraft strotzenden, von einer kräftigen Trompetenpilzsoße umgebenen Fisches. Geradezu brillant war die Beilage dazu: ein ungeheuer konzentriert wirkendes Blumenkohlpüree, dem reichlich Zimt eine exotische Note verlieh.

Höhepunkt Hauptspeise

Aber der Reihe nach. Schon zur Vorspeise harmonierten die wunderschön festen und doch ganz zarten Jakobsmuscheln ausgezeichnet mit der fruchtigen Säure ihrer Limonenöl-Marinade und einer leichten, sehr intensiv schmeckenden Artischockencreme. Auch die hauchdünnen, rosigen Scheiben des Hirschrücken-Carpaccios gingen eine überaus gelungene Verbindung mit ihrem cremigen, wirklich nussigen Walnuss-Dressing und davon benetzten Maronen-Stückchen ein. Und ebenso spielerisch wie spannungsverheißend schwebte das Tunfisch-Tatar in einem Esslöffel über einem Glas voll würzigem, geliertem Gazpacho.

Das alles ließ sich sogar noch steigern: Ihre Höhepunkte setzte die Küche bei den Hauptgerichten, egal ob Fisch oder Fleisch. Fest und saftig lagen da noch einmal Steinbutt-Filets, diesmal als pot au feu mit knackigem Gemüse in einem kräftigen, von vielen Safranfäden vergoldeten Fond. Überhaupt bevorzugt der Koch zwar zarte, frische Ingredienzien, aber kraftvolle Aromen.

Etwa bei der Ochsenbacke, die so fein war, dass die neugierige Tischnachbarin sie sogar mit einem Fischmesser mühelos zerteilen und das in allen Rottönen schimmernde Innere freilegen konnte - und das trotz der tiefen Teller, in denen schneideunfreundlich auch Fleischgerichte serviert wurden. Ähnlich rosig war auch der Lammrücken, dessen mächtige Olivenkruste allerbestens zu der ebenso leichthändig gewürzten Mischung aus mediterranen Bohnen rundherum passte.

Wundersam wabbelnde Versuchung

Fast fielen die Desserts, obwohl allesamt sehr gut, dagegen ein wenig ab. Der Schokoladenkuchen schmeckte eine Idee zu lebkuchig, dem in Strudelteig gebackenen Rhabarberparfait fehlte ein bisschen von der typischen Säure der Stängel. Als uneingeschränkt wundersam wabbelnde Versuchung lag dagegen das Roséweingelée unter einer lockeren Mousse aus weißer Schokolade.

Sehr gastfreundlich war das Angebot offener Weine samt Empfehlung des Hauses zu jedem einzelnen Gang. Die schönsten Entdeckungen dabei: ein Rosé-Sekt von der Loire, der keinen Vergleich mit Champagner scheuen muss, und ein sehr eleganter Weißwein der Rebsorte Albarino aus Galizien.

Uníco, Maistraße 63, 80337 München. Telefon: 089/53906363. www.restaurant-unico.de.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.585220
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.05.2008/af
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.