Ungewöhnliche Führungen:Wo Kinder im Museum Spaß haben

Trockenes Wissen in staubigen Räumen? So sehen Museumsbesuche in München schon lange nicht mehr aus. Mit speziellen Multimedia-Guides können Kinder die Exponate spielerisch für sich selbst entdecken.

Von Barbara Hordych

Glyptothek

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(Foto: Catherina Hess)

Diese Medusa ist schon ein arg gruseliges Geschöpf: Jeder, der ihr in die Augen blickt, erstarrt sofort zu Stein. Dieses Schicksal hat schon viele antike Helden ereilt, die versucht hatten, sie zu töten. Doch Perseus, der griechische Heros, ist clever. Mit einem Trick gelingt es ihm, ihr das Haupt mit den gefährlich züngelnden Schlangen abzuschlagen. Aber wie genau schaffte er das?, fragt Glauki, die Museumseule, die Zweitklässler einer Grundschule aus Tutzing. Die wandern durch die Säle der Glyptothek und testen einen Multimediaguide auf Tablets, den nun alle Besucher ausleihen können. Mal hoch konzentriert in Rätsel und Spiele vertieft, mal fröhlich plaudernd vor den Statuen mit ihren abgeschlagenen Nasen, Armen und Beinen verweilend, ziehen sie einzeln oder in Gruppen durch die Säle. Geleitet von der vorwitzigen Glauki und der goldglänzenden, klugen Statue der Göttin Athena.

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(Foto: Catherina Hess)

An zwölf Stationen stellt das Duo den Kindern im Dialog verschiedene Objekte vor, zu denen es im Multiple-Choice-Verfahren Fragen zu beantworten gilt; alternativ stehen aber auch Spiele mit Museumsobjekten zur Verfügung, darunter Memory, ein Puzzle oder ein Labyrinth. Doch zurück zu Perseus. Vier mögliche Antworten werden angeboten: Trug er beim Kampf mit der Medusa vielleicht eine Sonnenbrille? Kichernd zeigt ein Junge auf das entsprechende Bild, ein antiker Perseuskopf, geschmückt mit einer dunklen Brille. "Sieht aus wie dieser Smiley auf den Handys." Oder hat er sich eher feige "von hinten angeschlichen"? Er könnte aber auch einfach "die Augen zugemacht" haben. "Ich weiß, er hat einen Spiegel benutzt!", ruft da der siebenjährige Andreas. "Den hatte er bei sich. So musste er der Medusa nicht direkt in die Augen schauen, sondern sah im Spiegel, wohin er hauen musste", erklärt er den anderen. Die drücken nun alle auf das entsprechende Feld auf ihrem Tablet - siehe da, die Antwort stimmt! Wobei Andreas einräumt, die Geschichte schon zu kennen. "Von meinem Papa. Der ist hier stellvertretender Direktor".

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(Foto: Catherina Hess)

Währenddessen haben sich die Freundinnen Emma, Lisa-Marie und Johanna vor der Grabplatte der Plangon versammelt. Die zeigt ein junges Mädchen, das in der rechten Hand eine Puppe, in der linken einen kleinen Vogel hält. Zu Füßen der Figur sitzt eine Gans und schaut zu ihr auf. "Das waren meine liebsten Spielsachen", beginnt sie jetzt zu erzählen. "Und die Gans, die möchte mit mir spielen." Die Kinder damals hatten nicht so viele Spielsachen wie die heute, erklärt dazu die kluge Athena. Dafür lebten die Menschen in der Antike aber oft mit ihren Haustieren zusammen. "Cool, lebende Spielgefährten!", kommentiert Glauki. Die Mädchen sollen nun herausfinden, aus welchem Material wohl die Puppe ist, die Plangon ihrer Gans zu zeigen scheint. Dies zu beantworten, reizt die Mädchen allerdings doch weniger als das alternativ angebotene Videospiel: In einem Puzzle setzen sie auf dem Tablet Teile zu dem Barberinischen Faun in Saal I zusammen.

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(Foto: Catherina Hess)

"Schon als wir 2013 unseren ersten Mediaguide für Erwachsene herausbrachten, dachte ich, dass wir unbedingt auch etwas für Kinder machen müssen", sagt Florian Knauß, Direktor der Glyptothek und der Antikensammlungen. Doch er wollte dafür ein ganz anderes Konzept: "Keine konventionelle Wissensvermittlung von Objekt zu Objekt. Sondern spannend gestaltet, viel bunter, interaktiv und mit einem Augenzwinkern." Die Auswahl aus den rund 400 Objekten in der Glyptothek oblag den Museumswissenschaftlern, neben Knauß noch seinem Stellvertreter Christian Gliwitzky und der Konservatorin Astrid Fendt. Sie entschieden sich für 24 Exponate und Inhalte, schrieben die Drehbücher und die Dialoge - je zwölf für zwei einstündige Führungen. Die eine richtet sich an Neun- bis Vierzehnjährige, die andere an Sechs- bis Neunjährige. Das Tempo können die jungen Museumsbesucher individuell bestimmen. "Das war uns ganz wichtig. Die Animationen und die Quizfragen sind so angelegt, dass jeder selbst entscheidet, wann es weitergeht", sagt Knauß.

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst

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(Foto: Robert Haas)

Auch in anderen Münchner Museen geht es längst nicht mehr staubtrocken zu - auch hier haben Audio- und Multimedia-Guides in den vergangenen Jahren Einzug gehalten. Beispiel: Staatliches Museum Ägyptischer Kunst. Was ist aktuell am Alten Ägypten? Und welche Geschichte verbirgt sich hinter der golden glänzenden Sargmaske der Sat-Djehuti? Fragen, die in den zwei Multimediaguide-Projekten "All included - Das Alte Ägypten ist Contemporary" und "Aus dem Leben der Sat-Djehuti" beantwortet werden. Der erste entstand in Zusammenarbeit mit Oberstufenschülern des Münchner Gisela-Gymnasiums, den zweiten konzipierten Schüler des Graf-Rasso-Gymnasiums in Fürstenfeldbruck. Die jeweils ganz eigene Sicht der Jugendlichen auf die Ausstellungsexponate sei überaus spannend, sagt Museumspädagogin Roxane Bicker, die die Projekte begleitet hat. Die Ergebnisse stellt das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst deshalb seit 2015 beziehungsweise 2016 allen Besuchern zur Verfügung. Lesen Sie hier das Interview mit Roxane Bicker, in dem sie erzählt, wie die Jugendlichen auf die Parallelen zur heutigen Welt gekommen sind und warum eine Totenmaske mit Leben gefüllt wurde.

Villa Stuck

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(Foto: Villa Stuck)

Auch in der Villa Stuck können sich Kinder und Jugendliche einen Audioguide für einen ungewöhnlichen Rundgang durch die Historischen Räume ausleihen. Sechs "Hörstücke" sind es insgesamt, erdacht, erzählt und produziert von den Kindern der sechsten Klasse der Mittelschule an der Wittelsbacherstraße in München. Es geht um Dissonanzen und Erzengel als Jedi-Ritter, um Gemälde und Geräusche. Wie das Projekt entstanden ist, lesen Sie hier.

Bayerisches Nationalmuseum

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(Foto: Stephan Rumpf)

Im Bayerischen Nationalmuseum wurde schon vor einigen Jahren ein sagenhafter "Drachenlehrpfad" eingerichtet, als Angebot für Besucher, die einfach so, ohne Termin ins Museum kommen. Kinder und Erwachsene können sich auf die versteckten Wege des Drachenpfads begeben und per Knopfdruck und über Kopfhörer an dreizehn Stationen Geheimnisvolles und Spannendes zu zahlreichen Orten und Exponaten des Museums erfahren. Seltsame Fragen bekommen sie dort zu hören, auf die es die richtigen Antworten zu suchen gilt. Dabei liefert der zwölfjährige "Felix Fachverstand", gesprochen von einem langjährigen Museumsmuffel-Mitglied gleichen Vornamens, mit heller, klarer Stimme die Fakten - und Erzählerin Katharina Ritter, Meisterin des dunklen Tons, raunt dazu fantastische Geschichten. Lesen Sie hier, wie Geschichtenerzählerin Katharina Ritter zu dem Pfad inspiriert wurde.

© SZ vom 01.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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