Unfallflucht in München:Autofahrer lassen verletzte Mädchen liegen

In München gibt es derzeit eine ganze Serie von Unfallfluchten nach Kollisionen, bei denen Jugendliche angefahren werden. Die Polizei sucht nun nach den Fahrern verschiedener älterer Autos - Gemeinsamkeiten gibt es nur bei der Dreistigkeit der Flüchtigen.

Von Susi Wimmer

Die Serie von Unfallfluchten, bei denen Jugendliche verletzt werden, reißt nicht ab: Nachdem im November drei junge Menschen angefahren und verletzt zurückgelassen wurden, ereigneten sich erneut zwei Unfallfluchten mit verletzten Jugendlichen und ein Unfall mit einer schwer verletzten 30-Jährigen. "Eine logische Erklärung für die Häufung gibt es nicht", erklärte Polizeirat Marcus da Gloria Martins schon nach den ersten Fällen. Da Gloria Martins ist Chef der Verkehrsunfallaufnahme mit 34 spezialisierten Fahndern.

Der Autofahrer, der vor ein paar Tagen in Schwabing eine 17-jährige Schülerin verletzte, ist an Kaltschnäuzigkeit kaum zu überbieten: Er schaute lediglich, ob an seinem Wagen ein Schaden entstanden war und ließ die Verletzte einfach liegen. Wie die Polizei erst jetzt berichtet, war die Schülerin einen Tag vor Silvester gegen 17 Uhr mit ihrem Fahrrad auf der Occamstraße in südlicher Richtung unterwegs. Als sie an einem geparkten Auto vorbeifuhr, öffnete der Fahrer plötzlich die Türe. Die 17-Jährige konnte nicht ausweichen, blieb mit Lenker und Pedal an der geöffneten Türe hängen und stürzte. Dabei verletzte sie sich am Oberschenkel.

Dem Fahrer des roten Wagens war das wohl egal: Er untersuchte seine Autotüre nach einem Schaden, startete dann den Wagen und fuhr davon. Die Schülerin beschreibt den Mann als 30 bis 40 Jahre alt, etwa 1,80 Meter groß, dunkelhaarig, er trug eine Brille und fuhr einen weinroten Personenwagen älteren Baujahres.

Bei 400 Unfällen werden Menschen verletzt

Gut 12.000 Unfallfluchten haben die Münchner Fahnder in einem Jahr zu bearbeiten. Bei etwa 400 Unfällen werden Menschen verletzt. So wie die 15-jährige Schülerin aus München, die am 3. Dezember auf der Boschetsrieder Straße verunglückte. Sie war auf dem Radweg in Richtung Westen unterwegs, als plötzlich auf Höhe der Aral-Tankstelle ein Auto nach rechts abbog und die Radlerin erfasste. Die 15-Jährige fiel über die Motorhaube des Wagens und stürzte auf die Straße. Dabei zog sie sich starke Prellungen an der rechten Körperhälfte zu.

Der etwa 70-Jährige Autofahrer unterhielt sich kurz mit der Schülerin und fuhr dann einfach weiter. Aufgrund der anhaltenden Schmerzen ging die 15-Jährige Stunden später zu Arzt - und erstattete Tage später erst Anzeige bei der Polizei. Nun fahndet das Unfallkommando nach einem etwa 1,75 Meter großen Mann mit grau-weißem Haar und Glatze am Hinterkopf. Er trug eine Brille, sprach hochdeutsch und fuhr einen silberfarbenen oder grauen Personenwagen älteren Baujahres.

Die Frage der Unfallflucht

Schwer verletzt liegt seit Dienstag eine 30-jährige Münchnerin in einer Klinik. Sie radelte gegen 16.30 Uhr vorschriftsmäßig die Würmtalstraße in Großhadern entlang, wollte auf Hausnummer 6 ein voranfahrendes Radl überholen und klingelte, als dieser plötzlich ausscherte. Die 30-Jährige bremste, stürzte und brach sich den rechten Unterschenkel. Der Unfallverursacher radelte einfach weiter.

Die Frage, ob sich ein Verkehrsteilnehmer der Unfallflucht schuldig gemacht hat, muss im Einzelfall von der Staatsanwaltschaft bewertet werden. "Eine einfache Nachfrage wie ,Ist alles in Ordnung?' und dann entfernt sich der Unfallfahrer, wird wohl als Unfallflucht gewertet werden", sagte Kurt Sponna, Vize-Chef der Verkehrsunfallaufnahme. Denn in der ersten Aufregung, im Schock, verspüren Unfallopfer oft keine Schmerzen, das komme dann erst später.

Ob Menschen nun aus Angst vor Strafe Unfallflucht begehen, ob sie unter Schock stehen oder etwa betrunken am Steuer saßen, es gibt vielerlei Gründe, sagen die Unfallfluchtfahnder. Sie sind neben ihrer Tatortarbeit auch auf Hinweise unter der Nummer 089/ 6216-3322 angewiesen.

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