Unfall mit Folgen:Depperltest wegen Schieben

Fahradfahrer ohne Licht unterwegs

Nachts unterwegs: Harry K. war zwar betrunken, hat sein Fahrrad aber geschoben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zugegeben: Harry K. war betrunken. Sein Fahrrad hat er deshalb nur geschoben - und ist unglücklich gestolpert. Nun soll er zur medizinisch-psychologischen Untersuchung erscheinen. Eine Geschichte voller Missverständnisse.

Von Martin Schneider

Eigentlich hat sich Harry K. vorbildlich verhalten, als er völlig betrunken zu seinem Fahrrad kam. Er schloss es auf, stieg nicht auf den Sattel, trat nicht in die Pedale, sondern schob das Rad nach Hause. Trotzdem könnte er jetzt seinen Führerschein verlieren.

Was war passiert? Der 64-Jährige saß im Juni 2012 beim Fischmarkt am Wittelsbacherplatz und trank Wein. Viel Wein, später wurden bei ihm 1,9 Promille festgestellt. Mit der S-Bahn fuhr er nach Hause, und weil es vom Bahnhof Untermenzing zu seiner Wohnung noch weit ist, fuhr er auf dem Hinweg mit dem Rad zur Station. K. besitzt ein relativ neues Mountainbike mit Federung, Licht und Reflektoren. "Weil ich halt schon was getrunken hatte, wollte ich nicht zurückfahren", erzählt K.

Doch beim Schieben auf der abschüssigen Straße geriet er ins Stolpern und fiel hin. Die Verletzung war nicht schlimm, wie er sagt, aber die Platzwunde oberhalb der Augenbraue blutete stark. Ein Passant rief den Notarzt, die Polizei kam hinzu und ordnete einen Bluttest an. Normalerweise kein Problem.

Es ist nicht verboten, betrunken zu stolpern. K. bekam aber einen Strafbefehl wegen Trunkenheit im Straßenverkehr. Es kam zum Prozess, weil die Polizei annahm, K. sei mit dem Rad gefahren. Ein Anwohner sagte aus, K. habe es geschoben. Das Verfahren wurde im März 2013 eingestellt.

Für K. war die Sache erledigt. Bis im Dezember die Forderung des Kreisverwaltungsreferats (KVR) kam, zur medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) zu erscheinen - Depperltest oder Idiotentest sagt man normalerweise dazu, wenn man bei ein paar Wein zusammensitzt.

"Ich war vollkommen von den Socken", sagt Lutz Libbertz, der K. als Anwalt vertritt. "Das geht definitiv zu weit. Wenn das üblich wird, müsste jeder zum Depperltest, der betrunken von der Kneipe, der Disco oder der Wiesn heimgeht." Er kündigt an, dagegen im Notfall bis zum Bundesverwaltungsgericht zu gehen. Vermutlich wird das aber nicht nötig sein.

Daniela Schlegel, Sprecherin des KVR, sagt, dass der Behörde vom Gericht nicht alle Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden. "Wir haben die vollständigen Akten angefordert. Wenn sich herausstellt, dass Herr K. das Rad geschoben hat, muss er nicht zur MPU."

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