Süddeutsche Zeitung

Unfall mit Aston Martin:Fahrerflucht aus Angst vor Blamage

Lesezeit: 2 min

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Von Null auf Hundert in fünf Sekunden, 470 PS und an die 200 000 Euro teuer: Wer mit solch einem Geschoss nachts um 23 Uhr am Stachus an einem Abgang zum Untergeschoss landet, braucht sich um Fotos von der Unfallstelle keine Gedanken zu machen. Wahrscheinlich zückt jeder Passant sofort sein Handy und postet Bilder im Internet.

Unfallflucht - aus Scham oder Trunkenheit?

Ein Münchner Finanzkaufmann, dem mit seinem Luxus-Sportwagen dieser peinliche Crash passiert ist, türmte genau aus diesem Grund Hals über Kopf von der Unfallstelle. Das sagte er jedenfalls vor einer Zivilrichterin am Münchner Amtsgericht und bezahlt nun seine Scham mit 5000 Euro. Vielleicht waren aber in jener Januarnacht 2013 auch Promille im Spiel - und dann wäre er mit seiner "Ich habe mich so geschämt"-Story unter dem Strich billig davon gekommen.

Wie er es überhaupt geschafft hatte, mit seinem noblen britischen Sportwagen auf der Sonnenstraße derart die Haftung zu verlieren, dass die edle Karosse wenig gentlemanlike gegen die Beton-Außenwand eines Stachus-Abgangs rumste und dabei die Blechbrüstung arg lädierte, weiß nur der Fahrer. Ob aber auch der Münchner Geschäftsmann ein paar hochprozentige Drinks zu viel hatte, konnte vor einiger Zeit auch ein Verkehrsstrafrichter nicht mehr klären und musste es bei einer Verurteilung wegen Unfallflucht belassen.

Angst vor der Blamage im Internet

Doch für die Haftpflichtversicherung des Münchners war das Thema mit der strafrechtlichen Verurteilung noch nicht abgeschlossen. Denn sie sollte die 21 350 Euro Schaden an der Stachus-Treppe bezahlen. Das tat sie zunächst - forderte dann aber 5000 Euro von dem Aston-Martin-Besitzer zurück, weil der Fahrer den Unfall nicht gleich bei der Polizei angezeigt hatte und getürmt war.

Die Assekuranz beruft sich dabei auf eine Klausel im Vertrag. Der Finanzkaufmann wollte das nicht hinnehmen und ließ sich lieber vor dem Amtsgericht verklagen. In dem Zivilprozess gab er an, sich nach der Karambolage zunächst nur Gedanken um sein teures Gefährt gemacht zu haben. Und vor allem auch darum, nicht zum Gespött der Leute zu werden, die ihn an der Unfallstelle sehen und zu seinem Leidwesen gar Fotos von ihm im Internet veröffentlichen könnten.

Die Richterin brachte einen anderen Gedanken ins Spiel: Möglicherweise habe sich der Beklagte davon gemacht, weil er den Unfall im betrunkenen Zustand verursacht haben könnte. Wäre dies so gewesen, wäre nicht nur seine Strafe im Strafverfahren höher ausgefallen. In diesem Fall hätte die Versicherung wegen der Alkoholisierung sogar einen vollen Regressanspruch gegen den Mann gehabt.

Kein Mitleid von der Versicherung

Die Justiz musste aber hinnehmen, dass der Sportwagenfahrer erst einen Tag nach dem Unfall zur Polizei gegangen war und somit nichts mehr zu einer etwaigen Alkoholisierung des Kaufmanns zum Unfallzeitpunkt ermittelt werden konnte. Natürlich war er nun seinerseits vor dem Amtsgericht auch nicht in der Lage zu beweisen, dass er tatsächlich nüchtern am Steuer gesessen hatte.

Es gab nur vage Indizien, die im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall ausgewertet werden konnten. Die Amtsrichterin stellte deshalb fest, dass Unklarheiten zur Alkoholisierung des Beklagten bleiben und nicht ausgeräumt werden können - das müsse er hinnehmen und deswegen wenigstens die von der Versicherung eingeforderten 5000 Euro bezahlen. Das Urteil (Az.: 343 C 9528/14) ist noch nicht rechtskräftig.

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SZ vom 13.06.2015
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