Unfall am Sendlinger Tor:Passant rettet Mann vor einfahrender U-Bahn

MVV Münchner U-Bahn

Eine U-Bahn fährt an der Haltestelle Sendlinger Tor ein.

(Foto: Jakob Berr)

Ein junger Mann stürzt am Bahnhof Sendlinger Tor aufs Gleis und wird von einem Helfer in letzter Sekunde in den Fluchtraum gezogen. Nicht immer gehen derartige Unfälle so glimpflich aus. Was die MVG unternimmt, um U- und S-Bahnhöfe sicherer zu machen.

Von Marco Völklein

Nicht jeder hätte diesen Schritt gewagt: Ein 30-jähriger Münchner hat am Samstagabend an der U-Bahn-Station Sendlinger Tor einem Mann vermutlich das Leben gerettet. Der 20 Jahre alte Iraker war nach Angaben der Polizei gegen 18.40 Uhr auf Gleis 1 des U-Bahnhofs Sendlinger Tor unterwegs und wollte offenbar Richtung Marienplatz fahren. Laut Polizei betrachtete der Mann die Zugzielanzeige über seinem Kopf so intensiv, dass er nicht merkte, wie er sich in Richtung Bahnsteigkante bewegte. Plötzlich rutschte der Iraker ab und fiel auf die Schienen.

Der 30-Jährige sah die Gefahr, sprang dem Iraker hinterher und half ihm, sich im Fluchtraum unter dem Bahnsteig in Sicherheit zu bringen. Auch der Münchner rutschte in diesen Raum hinein - gerade noch rechtzeitig. Denn kurz darauf fuhr ein Zug der Linie U 6 in Richtung Kieferngarten ein.

Der 46-jährige U-Bahn-Fahrer hatte zwar die Situation erkannt und eine Notbremsung eingeleitet; die U-Bahn konnte er aber nicht mehr rechtzeitig zum Stehen bringen. Durch das beherzte Eingreifen des 30-Jährigen zog sich der Iraker lediglich leichte Prellungen am linken Knie durch den Sturz vom Bahnsteig ins Gleis zu. Ansonsten blieb er unverletzt. Ob der Mann alkoholisiert war, konnte ein Polizeisprecher am Sonntag nicht sagen.

Drei Schutzmaßnahmen sind im Test

Immer wieder kommt es zu Vorfällen, bei denen - meist alkoholisierte oder unter Drogen stehende - Fahrgäste in die Gleise von U- oder S-Bahnhöfen stürzen und sich dabei schwer oder gar tödlich verletzen. Fahrgastverbände und die Rathaus-CSU drängen daher seit langem auf Schutzmaßnahmen in den Stationen. Seit diesem Frühjahr testet die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) nun zumindest an zwei Bahnhöfen drei verschiedene Technologien.

Dabei sollen entweder Laser-, Radar- oder Videoüberwachungsanlagen den Gleisbereich im Visier haben. Fällt ein Mensch oder zum Beispiel auch ein Kinderwagen auf die Schienen, sollen die Detektoren einen Alarm auslösen, der U-Bahn-Fahrer wird dann per Leuchtanzeige im Tunnel gewarnt und kann den Zug rechtzeitig bremsen. Getestet werden die Systeme am unterirdischen U-Bahnhof Rotkreuzplatz sowie an der oberirdischen Station Studentenstadt.

Die MVG-Techniker wollen so unter anderem herausfinden, wie stabil und zuverlässig die Technik arbeitet. Wie reagieren die Detektoren zum Beispiel auf Erschütterungen der ein- und ausfahrenden U-Bahnen? Wie kommen sie mit Staub, Dreck, Abrieb und (an der Oberfläche) mit Schnee klar? Und vor allem: Wie zuverlässig unterscheiden sie eine ins Gleis gewehte Zeitung oder eine zwischen die Schienen gekullerte Cola-Dose von einem vom Bahnsteig gestolperten Menschen oder einem ins Gleis gerollten Kinderwagen?

Der Testlauf an den beiden Stationen ist zunächst einmal auf ein Jahr angelegt. Anschließend muss die MVG entscheiden, ob sie eines der Systeme flächendeckend installiert. Dabei dürfte vor allem die Frage der Finanzierung entscheidend sein. Der einjährige Test alleine kommt die MVG unterm Strich bereits auf 600.000 Euro. Alle 100 U-Bahnhöfe damit auszurüsten, dürfte laut MVG locker einen zweistelligen Millionenbetrag kosten.

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