Und jetzt?:Auf nach Arkadien

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Der Konzeptkünstler Peter Kees hat das Sehnsuchtsland Arkadien geschaffen. (Foto: Volker Derlath)

Peter Knees verlangt einen Quadratmeter türkisches Land

Interview von Evelyn Vogel, München

Vor zehn Jahren eröffnete der Konzeptkünstler Peter Kees die Botschaft Arkadiens und begann, in verschiedenen Ländern einen Quadratmeter Land als Hoheitsgebiet Arkadiens abzugrenzen. Das Sehnsuchtsland soll Glücklosen und Utopisten, Flüchtlingen und Hilfesuchenden Asyl gewähren. Nun hat Kees, der in Berlin und in Steinhöring bei München lebt, versucht, der Türkei ein Stück Arkadien abzuluchsen. Am Freitag wollte er dem türkischen Generalkonsul ein Schreiben an Präsident Erdoğan mit der Bitte um Abtretung von Hoheitsrechten eines Quadratmeters Land sowie die arkadischen Grenzpfosten überreichen.

SZ: War der Konsul für Sie zu sprechen?

Peter Kees: Leider nicht. Ein Sicherheitsbeamter des Konsulats hat das Schreiben mit hineingenommen, es aber kurz darauf ungeöffnet wieder zurückgebracht.

Sind Sie enttäuscht?

Das Konsulat hatte mir im Vorfeld schon signalisiert, dass man derzeit andere Probleme habe. Man wollte, dass ich von der Aktion Abstand nehme.

Bisher waren Ihre Arkadienaktionen eher ironisch zu verstehen. Markiert diese Aktion nun einen Wendepunkt?

Ich würde es nicht als Wendepunkt, sondern als Weiterentwicklung bezeichnen. Die Entscheidung für die Türkei fiel als Reaktion auf die aktuelle politische Situation.

Fürchten Sie nicht, dass Ihre Kunstaktion vor dem Hintergrund der "Säuberungswelle" in der Türkei mit Hunderten von Toten und Tausenden von Inhaftierten zynisch wirkt?

Das finde ich nicht. Sicher, die bisherigen Aktionen waren immer durch ein ironisches Augenzwinkern gekennzeichnet. Das fällt jetzt weg, weil die Situation wirklich sehr ernst ist. Was ich höre und lese, erschreckt mich zutiefst und ich finde, Europa reagiert darauf zu lasch.

Ihre Aktion soll als ernsthafte politische Intervention verstanden werden?

Das hoffe ich, sonst hätte ich es nicht gemacht. Ich habe bislang insgesamt zehn Quadratmeter in verschiedenen Ländern Europas okkupiert. Natürlich gab es dort keine derartigen Krisensituationen. Aber die Arkadienaktion war immer eine Auseinandersetzung mit der Realität und ich glaube, dass sie sich weiterentwickeln und auch politisch verschärfen darf.

Werden Sie einen erneuten Versuch unternehmen, Ihre Bitte an Erdoğan heranzutragen?

Man hat mir signalisiert, ich könne mich in ein paar Wochen noch einmal melden. Im Augenblick hat es für Verwirrung gesorgt und die Politiker in der Türkei darauf aufmerksam gemacht, dass es hier Menschen gibt, die nicht damit einverstanden sind, was da gerade geschieht.

Das haben Menschen mit mehr Einfluss deutlich gemacht - ohne Erfolg.

Natürlich weiß ich, dass ich mit meiner Aktion nicht die Politik in der Türkei verändern werde. Aber Kunst sollte sich einmischen, und ich kann als Künstler nur mit meiner Sprache sprechen. Ich hoffe, meine Sprache wird verstanden.

© SZ vom 23.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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