Umzug ins Oberland:Jetzt will der BND lauschen

Der Bundesnachrichtendienst wird die Abhörstation des amerikanischen Geheimdienstes NSA in Bad Aibling übernehmen. Das bestätigte Bürgermeister Felix Schwaller der "Süddeutschen Zeitung".

(SZ vom 20.12.03) — Mitarbeiter des Nachrichtendienstes seien bereits in die benachbarte ehemalige Bundeswehr-Kaserne eingezogen. Der örtliche Leiter habe sich im Rathaus vorgestellt. Sollte die technische Abteilung des BND in Pullach wegen des Umzugs des Hauptquartiers nach Berlin komplett aufgelöst werden, erwartet die Stadt bis zu 450 Geheimdienstler in Bad Aibling.

Die Amerikaner ziehen zum 30. September 2004 ab, werden aber vorerst 20Mitarbeiter für den technischen Betrieb in Oberbayern zurücklassen. Präsident August Hanning persönlich habe ihm in zwei Gesprächen die Pläne des BND mitgeteilt, sagte Bürgermeister Schwaller.

Streng abgeschirmt

Demzufolge wird das Gelände der streng abgeschirmten Abhörstation an der Straße zwischen Bad Aibling und Bruckmühl nach Abzug der Amerikaner radikal verkleinert: Von den 134Hektar werde künftig nur noch einer für die Abhöranlagen gebraucht, sagte Schwaller. Die Kaserne und der Rest der Fläche gingen an den Bund als Eigentümer zurück.

Die durch die Abhörstation gewonnenen Informationen will der BND offenbar in der nahe gelegenen Mangfall-Kaserne auswerten. Dort war die Bundeswehr im Rahmen der Strukturreform zum 31. Dezember 2002 ausgezogen. Das knapp 10 Hektar große Gelände soll nun ausschließlich der Geheimdienst nutzen. Über die Zukunft der frei werdenden Flächen der US-Kaserne herrscht aber noch Ungewissheit.

Sanfte Nutzung

"Wir wollen eine sanfte Nutzung mit hohem Freizeitwert. Das Gelände liegt ja in der Prärie, eine dichte Bebauung oder Trabantenstadt wäre da deplatziert", sagt Bürgermeister Schwaller. Doch die Stadt fürchtet, dass sich ihre und die Interessen des Bundes in diesem Fall keineswegs decken. "Die wollen so viel Kohle wie möglich herausschlagen. Das zeigt das Beispiel der aufgelösten Tölzer Kaserne.

Da klagen die Stadt und der Landkreis gegen den Bund wegen arglistiger Täuschung bei der Nachnutzung." Diese Besorgnis kann Heinz Walker von der zuständigen Oberfinanzdirektion des Bundes in Nürnberg nicht nachvollziehen. "Die Gemeinde bestimmt, was auf dem Gelände passiert. Wir werden diese Vorstellungen akzeptieren." Ein Hintertürchen hält sich der Bund allerdings offen. "Wenn wir die Pläne für nicht sinnvoll erachten, werden wir unsere Bedenken schon vortragen," sagt Walker.

Freie Vermarktung

Schließlich wolle jeder Eigentümer seine Grundstücke so gut wie möglich verkaufen. So ganz glücklich über die Nachnutzung durch den BND klingen weder Oberfinanzdirektion noch Stadt: Der eine Hektar für die Abhörstation mit den vielen Antennen liegt im Zentrum des Geländes, was eine lukrative und freie Vermarktung der restlichen Flächen deutlich erschwert. Zudem behält sich der BND noch eine Vergrößerung seines Areals vor. "Das können noch bis zu 10 Hektar werden", sagt Walker.

Der Streit über die Folgen ihres Abzugs dürfte die Amerikaner kaum mehr interessieren. Sie haben bereits allen 127 zivilen Angestellten fristgerecht gekündigt und werden zum 30. September 2004 verschwunden sein.

Verspätung wegen Terror

Ursprünglich sollte das schon zwei Jahre früher geschehen, doch nach den Terror-Anschlägen des 11. September 2001 wurde die Schließung verschoben.

Die Anlage in Bad Aibling gehörte bisher zum weltweiten Spionagenetz "Echelon", das den Datenverkehr von Satelliten, Handy-Gespräche und das Internet kontrollieren soll. Die Übernahme der Station durch den BND kommt den bisherigen Besitzern entgegen. Der Abbau der gesamten Anlage wäre wohl wesentlich teurer gekommen.

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