Süddeutsche Zeitung

Umweltschutz:Kampf für bessere Luft

Stadt München will bis zum Sommer ein Paket zur Reduzierung von Schadstoffen schnüren

Von Ellen Draxel

Vor genau einem Jahr herrschte in München im wahrsten Sinne des Wortes dicke Luft. Schuld war eine Inversionswetterlage - sie verhinderte, dass Schadstoffe entweichen konnten. Zwei Wochen lang galt in Süddeutschlands Städten Feinstaubalarm. Allein in der bayerischen Landeshauptstadt wurde der EU-Tagesgrenzwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter mehrmals täglich gerissen; Rekord war ein Wert von 145, gemessen am Stachus. Bis zum 15. Februar 2017 war die Münchner Luft bereits an 18 Tagen schlechter als der Grenzwert, zulässig sind solche Überschreitungen maximal an 35 Tagen pro Jahr.

Dennoch vertritt Stephanie Jacobs, Leiterin des Referats für Gesundheit und Umwelt, in einem Schreiben an Westschwabings Lokalpolitiker die Ansicht, der Feinstaub - ein komplexes Gemisch aus verschiedenen Schadstoffen wie Ruß und Kohlenwasserstoffen, das sich in Nase, Luftröhre und Bronchien ablagert - sei nicht Münchens Problem. "Dank der erfolgreichen Einführung der Umweltzone werden die Grenzwerte an allen Messstationen des Bayerischen Landesamts für Umwelt eingehalten." Sogar an der neuralgischsten Stelle, an der Landshuter Allee.

Für viel gefährlicher als Feinstaub hält Jacobs die Stickstoffdioxid-Belastung in München: "Bei Stickstoffdioxid (NO₂) wird der durchschnittliche jährliche Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter seit Jahren an den hoch verkehrsbelasteten Stellen zum Teil deutlich überschritten." An der Landshuter Allee, das zeigt ein Bericht des Umweltbundesamts, liegt der Wert im Mittel bei 80 Mikrogramm. Die Regierung von Oberbayern hat im Juli eine Karte mit NO₂-Werten an Straßen mit Randbebauung veröffentlicht. Die Daten offenbaren, dass der Jahresgrenzwert an 24 Prozent des untersuchten Straßennetzes mit benachbarten Gebäuden in München nicht eingehalten wird - auf einer Länge von insgesamt 511 Kilometern.

Stickstoffdioxid ist ein unsichtbares Gas und entsteht vor allem bei der Verbrennung fossiler Kraftstoffe, beispielsweise in Dieselmotoren. Es gilt als gesundheitsgefährdend; in Studien wurde bei Anwohnern stark befahrener Straßen ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachgewiesen. Das Problem bei der NO₂-Belastung sei, so die Umweltreferentin, dass sie während des gesamten Jahres und nicht punktuell wie etwa der Feinstaub auftrete. Nötig seien daher "dauerhafte Maßnahmen".

Bis zum Sommer dieses Jahres will das städtische Referat für Gesundheit und Umwelt deshalb mit Geld aus dem Sofortprogramm "Saubere Luft 2017-2020" der Bundesregierung einen "Masterplan zur Luftreinhaltung" ausarbeiten. Ziel ist es, in der vorgegebenen Frist bis Ende Juli ein Bündel an Maßnahmen zur Verbesserung der Luftsituation und insbesondere der Stickstoffdioxidbelastung in München zu schnüren.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3812887
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.01.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.