Umstrittene Veranstaltung:Kein städtischer Raum für Agitation

Eine-Welt-Haus in München, 2016

Offenes Haus: Das Gebäude an der Schwanthalerstraße gehört der Stadt, ist aber dem Trägerverein Eine-Welt-Haus zur Nutzung überlassen worden.

(Foto: Florian Peljak)

Kulturreferat untersagt dem Eine-Welt-Haus die Überlassung für israelkritischen Vortrag

Von Thomas Anlauf

Wegen einer israelkritischen Veranstaltung in städtischen Räumen gibt es erneut Ärger. In einer Mail an den Vorstand und die Geschäftsführung des Trägerkreises Eine-Welt-Haus (EWH) schreibt Kulturreferent Hans-Georg Küppers, dass die Veranstaltungsankündigung zum Vortrag des Verlegers und Publizisten Abi Melzer nahe lege, "dass in der Veranstaltung die Grenze zwischen Israelkritik und Antisemitismus überschritten wird". In städtischen Räumen seien "solche Agitationen nicht zulässig", so Küppers. Deshalb untersagt das Kulturreferat "die Überlassung der städtischen Räume an den Verein Salam Shalom zur Durchführung der Veranstaltung".

Das Eine-Welt-Haus reagierte prompt auf die deutliche Mail des Kulturreferenten und verweist nun auf seiner Homepage darauf, dass der Vortrag, der an diesem Freitag in dem städtischen Gebäude stattfinden sollte, an einen anderen Ort verlegt werden muss. Auch der Veranstalter "Salam Shalom Arbeitskreis Palästina-Israel e.V." teilt auf seiner Seite mit, dass die Nutzung des Saals für den Vortrag untersagt wurde. Mittlerweile wurde er ins russische Kulturzentrum Gorod an der Hansastraße verlegt (Freitag, 19.15 Uhr).

Das Kulturreferat betont, dass es sich nicht um ein generelles Veranstaltungsverbot handle, sondern "um die Rücknahme der Raumüberlassung", wie Referatssprecherin Jennifer Becker sagt. Das Kulturreferat habe erst am 19. September von der Veranstaltung erfahren und kurzfristig auf die Veranstaltungsankündigung reagieren müssen. Sie "enthält Formulierungen, die in Richtung einer Delegitimierung Israels gehen", schreibt Kulturreferent Küppers. Den Vorstand des Trägerkreises Eine-Welt-Haus fordert er auf, "künftig nach fundierter Prüfung in ähnlich sensiblen Fällen frühzeitig mit seinem Beirat und dem Kulturreferat Kontakt aufzunehmen".

An welchen Formulierungen sich das Kulturreferat genau stößt, lässt es offen. In dem Flugblatt, das am Mittwochabend noch im Eine-Welt-Haus auslag, heißt es, dass Abi Melzer, "der sich selbst als Antizionist begreift", in seinem Vortrag "vor allem den hierzulande hysterisierten Antisemitismusvorwurf problematisieren" werde. Jürgen Jung, der für das Papier verantwortlich zeichnet, schreibt von der "hierzulande zumeist verschwiegenen Kehrseite des zionistischen Projekts, das mit Hilfe ethnischer Säuberung, das ,gelobte Land' Palästina von möglichst vielen seiner palästinensischen Bewohner ,befreien' wollte und offensichtlich - siehe die andauernde Siedlungspolitik - nach wie vor will".

Geschäftsführung und Trägerverein des Eine-Welt-Hauses wollen bald das Gespräch mit dem Kulturreferat, aber auch dem Veranstalter suchen. Schließlich gelte es "immer wieder abzuwägen", welche Veranstaltungen ins Haus geholt werden, sagt EWH-Geschäftsführer Stephan Kowalski.

Die Absage an Abi Melzer steht in einer Reihe von Vorfällen in jüngster Zeit, in der es um die Auseinandersetzung mit dem Nahost-Konflikt geht. Erst im vergangenen November kam es im und vor dem Gasteig zu tumultartigen Szenen wegen eines Vortrags über eine Boykottbewegung gegen Israel. Oberbürgermeister Dieter Reiter sagte daraufhin, dass es "für solche Veranstaltungen" künftig keine Unterstützung der Stadt geben werde. Damals fand der Vortrag der Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe in Räumen der Stadtbibliothek statt. Im Juli 2014 distanzierte sich Reiter vom Vorwort des Programms der Palästina-Tage, die vom Kulturreferat gefördert werden. Darin war vom "Genozid" durch Israel die Rede.

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