Umrüstung bei Edeka:Einzelwandel

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Edeka investiert Millionen, um die 80 übernommenen Tengelmann-Supermärkte in München "umzuflaggen". Besuch in einer kleinen und einer großen Filiale in Moosach, wo sich für Kunden einiges ändert

Von Anna Hoben

Sage und schreibe 23 000 Artikel gibt es in dem neuen Edeka-Markt in Moosach. Mit Stolz hat Claus Hollinger, Geschäftsführer von Edeka Südbayern, die Zahl gerade genannt, das Sortiment des einstigen Tengelmann ist damit um ein Viertel gewachsen. Und trotzdem steht da nun ein Kunde vor einer Tiefkühltruhe mit Dutzenden Eissorten und schimpft. "Die ham einfach kein Bananensplit, zefix". Nur wegen der Eiscreme ist Heinz Sichort heute hergefahren, jetzt muss er doch noch zum Discounter.

Früher war dieser Markt ein Tengelmann. Nach der Übernahme durch Edeka brach eine Art Zwischen-Zeit an: In den Regalen lagen gleichzeitig Produkte von Tengelmann- und Edeka-Eigenmarken, an der Kasse konnten Kunden sowohl Treueherzen als auch Treuepunkte einlösen. Auf dem Kassenzettel stand "Edeka", aber die Angestellten trugen noch Tengelmann-Kleidung. Auch äußerlich waren die Märkte noch Tengelmann. Das hat jetzt ein Ende. "Wo Edeka drin ist, wird ab sofort auch Edeka draufstehen", sagt Claus Hollinger. Ob das für Kunden wie Heinz Sichort einen Unterschied macht? Der schüttelt den Kopf, es ist ihm egal, wie der Supermarkt heißt, in dem er einkauft. Ihn interessiert eigentlich nur eine Sache: "Mal schauen, wie das mit den Preisen wird."

Was da gerade vonstatten geht in 170 Supermärkten in Südbayern, davon etwa 80 in München, Claus Hollinger nennt es den "Endspurt der Integration". 5000 ehemalige Tengelmann-Mitarbeiter arbeiten nun für Edeka, auch das Lager in Eching und das Fleischwerk in Donauwörth wurden von dem Konzern übernommen. Einen "zweistelligen Millionenbetrag" investiert Edeka Südbayern laut Hollinger. Seit neun Tagen wird "umgeflaggt", auch so ein Begriff aus der Handelswelt. 14 Märkte sind pro Woche dran. Bis Ende September soll die Umstellung fertig sein.

Der 1500 Quadratmeter große Markt in Moosach ist einer von elf in München, die komplett umgebaut werden. Drei Wochen lang war er geschlossen. "Das war anstrengend, aber es rentiert sich", sagt Marktleiterin Corinna Lechner-Eder. Die meisten der 40 Mitarbeiter seien positiv an die Umstellung herangegangen. Für manche, die jahrzehntelang bei Tengelmann gearbeitet hatten, sei der Wechsel freilich emotional schwierig gewesen. Es gibt nun eine neue LED-Beleuchtung und einen neuen Boden in Pflasterstein-Optik. Die Regale sind quer angeordnet statt längs, sie haben mehr Böden und sind um 100 Meter in die Länge gewachsen. Kunden bezahlen künftig an sogenannten Tandemkassen, die Platz sparen. Alles anders also - und natürlich besser, wie Hollinger immer wieder betont. Mehr Vielfalt im Sortiment, mehr Regionalität (es gibt Kräutertöpfe von einer Moosacher Gärtnerei) und dem Trend entsprechend mehr Bio- und Veganprodukte.

Doch natürlich gehört zu einer Umstellung mehr als nur ein Facelifting. Für die Kunden nicht sichtbar verlief die Umstellung auf das Warenwirtschaftssystem Lunar. Es registriert, wie viel hereinkommt, wie viel in welcher Zeit übers Kassenband geht - und bestellt dann die richtige Menge nach. Mit Edeka Xpress gibt es zudem ein neues Vertriebskonzept mit Waren des täglichen Bedarfs für Märkte, die kleiner sind als 600 Quadratmeter. In Moosach, 500 Meter vom großen Edeka entfernt, kommt ein erster Xpress-Markt schon mal gut an. Zum Beispiel bei Elisabeth Fetzer, 80 Jahre alt, die schon hier eingekauft hat, als es noch ein Tengelmann war: "Früher war's nie so schön."

© SZ vom 28.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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