Überwachung gefährlicher Straftäter:Polizisten testen elektronische Fußfesseln

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Was geschieht mit gefährlichen Straftätern, deren Sicherheitsverwahrung verfassungswidrig ist und die bald frei kommen? Die bayerische Justiz setzt auf elektronische Fußfesseln - und erprobt die Überwachung per GPS erst einmal an zehn Polizisten aus München.

Susi Wimmer

Normalerweise legen sie Verbrechern die Handschellen an - ab September aber werden zehn Polizisten und Justizangestellte aus München sich selbst freiwillig elektronische Fußfesseln umschnallen, um die Technik und Funktionsweise der Geräte zu testen. Ist das Pilotprojekt erfolgreich, werde man die elektronische Aufenthaltsüberwachung "im Frühjahr 2012 in Bayern auch an echten Tätern erproben", sagte Innenminister Joachim Herrmann, der das Vorhaben des Justizministeriums ausdrücklich begrüßt, zur Süddeutschen Zeitung.

Die elektronische Fußfessel sieht aus wie einer übergroße Armbanduhr. Der Einsatz dieses Gerätes soll nun an Polizeibeamten aus München getestet werden. (Foto: dpa)

Bayern muss reagieren, und zwar schnell: Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt hat, müssen die bayerischen Gerichte bis Ende des Jahres noch 30 Fälle von verlängerter oder nachträglich angeordneter Sicherungsverwahrung prüfen. Und nur die Täter bleiben in Haft, von denen eine hochgradige Gefahr von schwersten Gewalt- und Sexualstraftaten ausgeht und die psychisch gestört sind. "Wir hoffen natürlich, dass die Gerichte hochgefährliche Täter auch weiterhin in Haft belassen und der Schutz des Opfers Vorrang hat", sagt Herrmann.

Sexualstraftäter, die auch nach ihrer Haftentlassung als gefährlich gelten, werden bei der Polizei in der Heads-Datei geführt. Dieses Projekt soll sicherstellen, dass diese Täter nicht abtauchen, sondern von den Behörden engmaschig betreut werden. 150 Personen führt die Datei allein in München.

Die ehemaligen Häftlinge werden regelmäßig zu Gesprächen bei der Polizei eingeladen, die Beamten prüfen etwa, ob sich die Männer an ihre Auflagen halten. Ein Pädophiler beispielsweise muss sich von Kinderbetreuungseinrichtungen oder Spielplätzen fernhalten. Hier könnte laut Innenminister Herrmann die Fußfessel greifen: "Mittels GPS-Technik kann man prüfen, ob sich der Täter einer solchen Einrichtung nähert - ohne dass ein Polizist ihm folgen muss." Außerdem sei der psychologische Effekt nicht unerheblich: "Die Fußfessel erinnert den Täter daran, dass er unter Bewachung steht."

Das Gerät sieht aus wie eine überdimensionale Armbanduhr: ein schwarzes Kästchen an einem schwarzen Band. Zehn Testpersonen werden sich im September und November jeweils zwei Wochen lang das Gerät ans Fußgelenk schnallen. Wobei die Vorstellung, von einem Stadtplan an der Wand und einem roten Punkt, der sich darauf bewegt, eher aus dem Reich der Fernsehserien stammt. "Eine derartige Überwachung lässt das Gesetz nicht zu.

Nur im Gefahrenfall wird die Überwachungszentrale alarmiert", sagt Tobias Geiger vom Justizministerium. Das heißt, die Fußfessel gibt ein Alarmsignal ab, wenn sich der Proband etwa dem Wohnort eines von ihm bedrohten Opfers nähert oder wenn er versucht, die Fessel abzunehmen. Das Signal wird in der Überwachungsstelle der Länder in Hessen registriert und bewertet. Droht Gefahr, wird die zuständige Polizei verständigt, sie kann sich auf die Überwachung aufschalten.

Zugleich werden die Aufenthaltsdaten des Täters gespeichert. Bei aktuellen Straftaten kann die Polizei so im Nachhinein feststellen, ob der Betroffene als Täter in Frage kommt.

Die lückenlose Ortung der Fußfesselträger funktioniert über zwei Systeme. GPS ermöglicht eine Standortbestimmung über das Satellitennetz, wenn das ausfällt, etwa in der U-Bahn, greift gleichzeitig LBS, ein System, das auf dem Handynetz basiert. Justizministerin Beate Merk sagte der SZ, dass dieses technische Mittel kein Gefängnis ersetzen könne. Es sei ein Kontrollmittel, "eine hundertprozentige Sicherheit wird es aber nicht geben", so Merk.

© SZ vom 22.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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