Süddeutsche Zeitung

Überwachungstechnik:Münchner Polizei will Body-Cams testen

Die Münchner Polizei möchte eine neue Überwachungstechnik ausprobieren. Mit sogenannten Body-Cams, die Beamte auf der Schulter tragen, sollen kritische Einsätze dokumentiert werden. So lassen sich Bürger zur Rechenschaft ziehen, die sich daneben benehmen - aber auch Polizisten.

Von Susi Wimmer

Die Münchner Polizei liebäugelt mit einer neuen Überwachungstechnik: den so genannten Body-Cams. Das sind kleine Kameras, die die Beamten während eines Einsatzes auf der Schulter tragen und die per Knopfdruck eingeschaltet werden können. In Frankfurt werden die Mini-Geräte gerade getestet. Damit sei "alles nachvollziehbar", meint die Polizei, die eine "Win-Win-Situation" für Beamte wie für Bürger sieht.

Die Polizeigewerkschaft DPolG ist Feuer und Flamme und würde die Kameras mit Bild und Ton lieber gestern als heute einführen. Das Innenministerium gibt sich verhalten, will den Erfahrungsbericht aus Hessen abwarten, während der Landesbeauftragte für Datenschutz, Thomas Petri, klipp und klar sagt: "Die Polizei sollte die Finger davon lassen. Solche Kameras sind eine Verdachtsansage gegen Polizei und Bürger."

Seit April vergangenen Jahres tragen die Beamten, die für das Frankfurter Kneipenviertel zuständig sind, die technischen Begleiter auf der Schulter. Sie schlüpfen in eine 1800 Euro teure Weste, an der die Kamera installiert ist, und auf deren Rücken "Polizei Videoüberwachung" zu lesen ist. Nach guten Erfahrungen im Ausgehviertel dehnte die Frankfurter Polizei die Überwachung auch noch auf die größte Einkaufsstraße aus. Vergangenes Jahr berichteten die Hessen auf einer DPolG-Veranstaltung in München von der neuen Technik. DPolG-Chef Jürgen Ascherl zeigte sich angetan.

Auch der Ton soll in München aufgezeichnet werden

Während die Hessen lediglich Bildaufnahmen tätigen, würde er bei einem Pilotversuch in München gleich Bild und Ton bevorzugen, "um Beleidigungen aufzuzeichnen". Somit könnte man Bürger sowie auch Polizisten zur Rechenschaft ziehen, so sie sich daneben benehmen. Er habe bei einigen Gesprächen herausgehört, dass sich die Münchner sehr wohl für einen Pilotversuch mit den Body-Cams interessieren würden. "Der nächste Schritt wären dann Kameras am Funkwagen und in den Haftzellen", meint Ascherl.

"Die Zahl der Angriffe auf Beamte soll in Frankfurt zurückgegangen sein", sagt Thomas Baumann, Sprecher des Münchner Polizeipräsidiums. "Wir verfolgen den Versuch mit Interesse". Wobei es nicht nur Interesse ist: Laut Innenministerium sollen die Münchner Fakten sammeln, Informationen zusammentragen und dann dem Ministerium berichten. "Aber das Thema ist noch ganz frisch, wir stehen am Anfang der Gespräche", sagt Michael Siefener vom Innenministerium.

Und, da sind sich Ministerium und Polizei einig, es müsse auch erst geprüft werden, ob solche Kleinkameras für Bayerns Beamte rechtlich überhaupt zulässig sind. "Denn das Polizeirecht in Hessen ist ein anderes", sagt Siefener.

"Streifenbesatzungen, die generell eine Video-Kamera auf der Schulter tragen? Das geht auf keinen Fall! Nicht mit mir!" Thomas Petri ist bayerischer Landesbeauftrager für Datenschutz und nicht gerade begeistert von der Idee mit den Body-Cams. Wobei er schon auch relativiert, "es kommt darauf an, wie die Polizei die Kameras einsetzen will".

In der Strafprozessordnung sowie dem Polizeiaufgabengesetz sei verankert, dass die Polizei zur Gefahrenabwehr Videos fertigen dürfe. "Und da steht nicht drin, ob die Kamera an einem Gebäude, einem Streifenwagen oder auf der Schulter installiert sein muss." Wenn die Beamten zu einer Schlägerei gerufen werden und filmen, sei es egal, "ob der eine Kamera in der Hand hält oder am Revers trägt".

Dass die Kameras flächendeckend eingesetzt werden, hält er aber für undenkbar. "Damit tut sich die Polizei auch keinen Gefallen, im Gegenteil." Der Normalbürger werde als potenzieller Rechtsbrecher angesehen und umgekehrt werde den Polizisten Vertuschung vorgeworfen, falls bei einem Vorfall die Kamera nicht eingeschaltet werde.

Wenn jedem ins Gesicht gefilmt werde, verändere dies auch das Bild der Bürger von der Polizei, warnt Petri.

Außerdem gebe es bereits speziell geschulte Videotrupps bei der Polizei, die bei Demonstrationen oder Fußballspielen eingesetzt würden. Zudem seien alle wichtigen Orte bereits videoüberwacht. Falls es doch zum Einsatz von Body-Cams komme, müssten auch die Bürger das Recht bekommen, auf das Filmmaterial zuzugreifen.

Münchens Grünen-Chefin, die Landtagsabgeordnete Katharina Schulze begrüßte die Pläne dagegen. "Die Bodycams gewährleisten die Kontrolle eines Einsatzes und sichern die Beweise", heißt es in einer Erklärung der Landtagsgrünen.

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SZ vom 09.01.2014/tba
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