Ude vs. Hoeneß:In herzlicher Abneigung verbunden

Ude vs. Hoeneß: Uli Hoeneß (Zweiter von rechts) und Christian Ude (rechts) bei der Meisterfeier 2006

Uli Hoeneß (Zweiter von rechts) und Christian Ude (rechts) bei der Meisterfeier 2006

(Foto: imago sportfotodienst)

Hoeneß gegen Ude. Ex-Oberbürgermeister einer nicht unbedeutenden Stadt gegen Ex-Präsident eines nicht unbedeutenden Vereins. FC Bayern München gegen TSV 1860. Polterer vom Tegernsee gegen Feingeist aus Schwabing. CSU gegen SPD. Die Geschichte einer Feindschaft.

Von Lisa Sonnabend

Die Worte dürften Christian Ude nicht leicht gefallen sein. Am 2. Juni 2013 stand der Anhänger des TSV 1860 München auf dem Rathausbalkon am Marienplatz, unter ihm hüpften Zehntausende Menschen in rotem Trikot auf und ab, neben ihm umarmten sich die Spieler des FC Bayern München. Etwas zurückgezogen stand der damalige Vereinspräsident Uli Hoeneß. Als "die Krone des Fußballs" würdigte Ude in seiner kurzen Ansprache den Verein. Doch die Fans sie klatschten nicht, sie pfiffen.

Münchens ehemaliger Oberbürgermeister und der bekannteste Fußballverein der Stadt haben seit jeher ein gespaltenes Verhältnis. Fast jedes Jahr (und das schon seit Jahrzehnten) trafen sich die beiden auf dem Münchner Rathausbalkon, wenn der Verein mal wieder eine Meisterschale oder einen Pokal geholt hatte. Nur manchmal fehlte Ude, wenn er lieber im Urlaub auf Mykonos weilte, anstatt sich das Pfeifkonzert anzuhören, sobald er auf dem Rathausbalkon nach dem Mikrophon griff.

Mittlerweile ist Christian Ude nicht mehr Oberbürgermeister von München, Uli Hoeneß nicht mehr Präsident des FC Bayern. Doch entspannt hat sich das Verhältnis zwischen den beiden seitdem nicht. Im Gegenteil, es ist zerrüttet wie noch nie. Denn in einem Interview mit dem Spiegel rechnet Ude heftig mit Hoeneß ab.

Hoeneß kriegt "den Hals nicht voll"

Der ehemalige Bayern-Präsident, der im März wegen Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, sei ihm niemals "als Vertreter moralischer Qualitäten aufgefallen", poltert Ude. Hoeneß kriege "den Hals nicht voll". Der SPD-Politiker unterstellt Hoeneß zudem "eine klare, einfache Weltsicht" und kritisiert, er habe Hoeneß in den vergangenen Jahren "sehr oft berechtigt siegen sehen. Aber nicht ein einziges Mal mit Anstand und Gelassenheit verlieren".

Die harten Worte von Ude überraschen, auch wenn Hoeneß und Ude nie einen Hehl daraus gemacht haben, dass sie sich nicht leiden können. Immer wieder teilten sie Spitzen aus, Streitigkeiten trugen sie in der Öffentlichkeit aus. Ude wurde 1993 zum Münchner Oberbürgermeister gewählt, Hoeneß war bereits seit den Siebzigern Manager beim FC Bayern München. Seine Sympathie für den TSV 1860, den Lokalrivalen der Bayern und Underdog aus dem Arbeitervierteil Giesing, verheimlichte Ude nie. Viele Jahre lang gehörte er dem Aufsichtsrat des Vereins an. Doch nicht nur beim Thema Fußball gingen die Meinungen der beiden weit auseinander. Hoeneß unterstützt die CSU, über die SPD im Allgemeinen und Ude im Speziellen hatte er meist nur abfällige Bemerkungen übrig.

Der Bruch: Die Arena in Fröttmaning

Auch vom Typ könnten Hoeneß und Ude unterschiedlicher nicht sein. Ude gilt als intellektuell, umgibt sich gerne mit Schriftstellern und Künstlern, tritt hin und wieder selbst als Kabarettist auf. Als Politiker versteht er sich im Taktieren. Hoeneß dagegen ist ein Freund der derben Sprüche, Zwischentöne sind ihm fremd, er trennt Menschen meist klar in Freund und Feind. Hoeneß sagt, was er denkt und hält dies auch stets für richtig. Es überrascht also nicht, dass der Feingeist aus Schwabing und der Polterer vom Tegernsee im Laufe der Jahre keine engen Freunde wurden.

Zum Bruch kam es schließlich wegen des Baus der Arena in Fröttmaning. Seit den Neunziger Jahren hatte der FC Bayern Pläne, ein eigenes Stadion zu errichten, da nach Meinung der Verantwortlichen und vieler Fans im Olympiastadion die Entfernung zwischen Zuschauerreihen und Rasen zu weit sei. Die Stadt München und Oberbürgermeister Ude dagegen plädierten dafür, das Olympiastadion umzubauen. Der Architekt Günter Behnisch lehnte diesen Vorschlag allerdings ab. In einem Bürgerentscheid stimmten die Münchner schließlich für den Bau des neuen Stadions. In den Folgejahren stritten der FC Bayern und Ude oftmals wegen der Arena in Fröttmaning. Mal ging es um die Kosten für das Parkhaus am Stadion, mal um die klamme Lage des TSV 1860, der erst Miteigentümer der Arena war, später nur noch Untermieter beim verhassten Lokalrivalen.

Auch in dem Interview mit dem Spiegel kommt Ude noch einmal auf den Stadionbau zu sprechen. Der FC Bayern hatte stets kritisiert, dass der Bau nicht auch mit öffentlichen Mitteln finanziert werden durfte. Ude sagte nun in dem Gespräch: "Ursprung ist die blanke Geldgier eines Profifußballvereins, der in Gestalt seines Managers den Hals nicht vollkriegen konnte."

München rätselt nun, warum Ude nach Ende seiner Amtszeit noch einmal derart austeilt. Hat sich die Wut auf Hoeneß in all den Jahren derart aufgestaut und traut er sich erst jetzt, wo er politisch keinen Schaden mehr nehmen kann, dem Lieblingsfeind eine mitzugeben?

Auch Hoeneß teilte einmal schon kräftig aus. Vor eineinhalb Jahren sagte er in einem SZ-Interview: "Die Stadt hat einen Oberbürgermeister, der oft nur Dinge tut, die für ihn und sein Image von Vorteil sind. Er ist nicht mutig, er riskiert nichts." Während Hoeneß Ude stets kritisierte, unterstützte er dessen Nachfolger Dieter Reiter im Wahlkampf. Im Interview mit dem Spiegel sagte Ude nun: "Hoeneß hat mich ja stets über die Medien und über Dritte wissen lassen, dass ich eine Fehlbesetzung sei."

Als am vergangenen Wochenende der FC Bayern die Meisterschale auf dem Rathausbalkon in die Höhe reckte, stand Dieter Reiter neben den Spielern. Der neue Oberbürgermeister grinste, als habe er eben die Champions League gewonnen. Er ist Bayern-Fan. Pfiffe gab es diesmal keine. Die Stadt und der FC Bayern scheinen sich versöhnt zu haben. Ude und Hoeneß waren nicht dabei auf dem Marienplatz.

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