Ude greift IOC an:"Das Votum ist durch nichts gerechtfertigt"

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude ist sauer aus Durban zurückgekehrt: Nach der Entscheidung für Pyeongchang 2018 übt er harsche Kritik am IOC - und schimpft über dessen "Zuwendung zur Retortenstadt mit Investor".

Dominik Hutter

In der immer heftiger geführten Debatte um eine erneute Olympiabewerbung Münchens hat Oberbürgermeister Christian Ude zur Ruhe aufgerufen - und gleichzeitig harsche Kritik am Internationalen Olympischen Komitee (IOC) geübt. Dessen Votum für Pyeongchang sei in seiner Deutlichkeit "durch nichts gerechtfertigt", offenkundig pflege die Organisation ihre "Zuwendung zur Retortenstadt mit Investor" - mit Letzterem ist der südkoreanische Großkonzern und Olympia-Sponsor Samsung gemeint.

Ankunft der Muenchen 2018 Delegation

Klatschen nach der Klatsche: Kaum zurück am Münchner Flughafen greift Ude das IOC an.

(Foto: dapd)

Ude hält es für bedenklich, dass sich die internationale Sportwelt mit Sotschi, Katar und Pyeongchang jetzt dreimal in Folge für "viel Geld und viel Beton" entschieden habe. "Wir haben nun die Prioritäten des IOC kennengelernt", resümiert der OB, der am Donnerstagabend aus dem südafrikanischen Durban zurückgekommen war.

Die Fans einer Bewerbung für die Winterspiele 2022 pfiff Ude erst einmal zurück - auch wenn sich am Freitag zahlreiche Sommer- wie Wintersportverbände für einen zweiten Anlauf ausgesprochen haben. "Dafür ist es objektiv zu früh", findet Ude, es gebe "viel zu viele Unwägbarkeiten", eine verantwortbare Entscheidung sei derzeit ausgeschlossen. So müsse geklärt sein, ob es weitere deutsche Olympia-Interessenten gibt - tatsächlich hat Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands, am Freitag Berlin als Bewerber für Sommerspiele ins Gespräch gebracht.

Auch Michael Vesper, der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), warnt die Münchner vor Schnellschüssen. "Das muss man sehr solide überlegen", sagte er zur SZ. "Und dann gemeinsam entscheiden."

Ude erinnert zudem daran, dass man für eine neue Bewerbung auch neue Sponsoren bräuchte, und dass die Bewerber-Konstellation für 2022 bisher nicht vorherzusehen ist. Etwa, ob mit St.Moritz ein weiterer Europa-Bewerber ins Rennen geht. Eine Bewerbung sei aber nur dann gerechtfertigt, wenn man sich ernsthafte Chancen auf einen Zuschlag ausrechnen könne. Die habe man für 2018 durchaus gesehen - eine Einschätzung, die sich im Nachhinein als Irrtum erwiesen hat.

Olympische Dorf - noch nicht verloren

Ude ärgert sich allerdings nicht über die Niederlage an sich, sondern über den deutlichen Abstand zum Sieger Pyeongchang, der fast dreimal so viele Stimmen eingeheimst hat wie München. Das habe alle überrascht, zumal man mit dem IOC-Vizepräsidenten Thomas Bach eigentlich über eine hervorragende Informationsquelle aus olympischen Kreisen verfügt habe. "Bach hat sich getäuscht", bedauert Ude. Der ehemalige Fechter sei bei der Bekanntgabe des Ergebnisses selbst völlig fassungslos gewesen.

Wie auch schon Grüne, CSU und FDP sprach sich Ude dafür aus, trotzdem mehrere der für Olympia geplanten Infrastrukturprojekte zu verwirklichen. So sei es "unstrittig", dass München eine neue Mehrzweckhalle benötige. Aus finanziellen Gründen hält der OB allerdings nur den Bau einer Arena für gerechtfertigt - für München 2018 waren zwei geplant. Man müsse überlegen, inwieweit sich die Basketballer des FC Bayern München und die Eishockeyspieler vom EHC München eine Arena teilen könnten.

Auch das Olympische Dorf hält Ude noch nicht für verloren. Als die Grundstücksverhandlungen stattfanden, sei die Bundeswehrreform noch nicht abzusehen gewesen. Ude hat bereits vor einiger Zeit in einem Brief ans Bundesverteidigungsministerium Interesse an sämtlichen freiwerdenden Arealen bekundet. Dazu zählt auch die Fläche an der Dachauer Straße. Allerdings müsse sichergestellt sein, dass die Bauten bei einer zweiten Bewerbung als Olympisches Dorf zur Verfügung stünden.

Ude fordert zudem den Bund auf, endlich die Finanzierung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke zu sichern. Dieses Projekt müsse "völlig unabhängig" von Olympia gesehen werden.

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