Süddeutsche Zeitung

U-Bahn München:Trainspotting auf münchnerisch

Florian Schütz betreibt eine Webseite über die Münchner U-Bahn. Ein Gespräch über das U-Bahnnetz der Stadt und die Faszination von Zügen.

Lisa Sonnabend

Florian Schütz, 27, betreibt seit drei Jahren die Webseite www.muenchnerubahn.de. Nun ist aus den gesammelten Informationen und Bildern ein Buch entstanden. Ein Gespräch über das Besondere der Münchner U-Bahn und die schönsten Bahnhöfe der Stadt.

sueddeutsche.de: Sie beschäftigen sich seit drei Jahren auf Ihrer Webseite mit der Münchner U-Bahn. Warum ausgerechnet U-Bahnen und nicht zum Beispiel S-Bahnen?

Florian Schütz: Das Thema S-Bahn ist bereits ausführlich abgedeckt: Es gibt einen eigenen Verein und im Internet findet man viel darüber. Über die Münchner U-Bahn gab es so etwas nicht. Als ich zum Studium nach München zog, fand ich es sehr mysteriös, wie das U-Bahn-System so gut funktionieren kann. Ich habe in Büchern recherchiert und war immer begeisterter. Irgendwann hatte ich ein ganzes Regal voll mit U-Bahn-Büchern und dachte mir: Ich weiß das jetzt alles, jetzt mache ich eine Webseite draus. Das war vor drei Jahren. Und nun ist aus der Webseite ein eigenes Buch entstanden.

sueddeutsche.de: Was ist gut am Münchner U-Bahn-System?

Schütz: Es funktioniert reibungslos, meistens zumindest. Morgens im Berufsverkehr fährt alle zwei bis drei Minuten eine U-Bahn. Das ist eine große Leistung. In Paris oder London zum Beispiel sind die Netze älter und damit ungeplanter als in München. Zudem ist in München alles vergleichsweise neu, übersichtlich und großzügig. In Paris dagegen gibt es furchtbar enge und verwinkelte Tunnel.

sueddeutsche.de: Was ist an den Zügen anders als in anderen Städten?

Schütz: In München wird weitgehend automatisch gefahren. Es sitzt zwar ein Fahrer drin, doch der gibt in der Regel nur das Startsignal und dann fährt der Zug selbstständig weiter und hält auch von alleine an. Das gibt es in Deutschland nicht so oft. In Nürnberg zum Beispiel gibt es seit diesem Jahr eine richtig automatische U-Bahn. In München läuft es aber schon seit dreißig Jahren nach ähnlichem Prinzip.

sueddeutsche.de: Gibt es etwas, das Sie am Münchner U-Bahn-System noch verbessern würden?

Schütz: Ich als Fan bin natürlich immer dafür, neue Strecken zu bauen. Vor kurzem gab es den Vorstoß, im Innenstadtabschnitt Strecken dazu zu bauen, um die U3, die U6 und die U2 zu entlasten. Den finde ich gut. Denn auf diesen Strecken klemmt es am häufigsten. In den Außenbereichen sind wir Münchner eigentlich relativ gut versorgt, da fehlt nur hier und da ein Bahnhof - zum Beispiel nach Martinsried oder nach Neufahrn.

sueddeutsche.de: Viele Menschen finden U-Bahnhöfe nur eines - langweilig...

Schütz: In München gibt es hundert verschiedene Bahnhöfe. Viele sind eher konventionell gestaltet, aber selbst dort gibt es Ecken, die interessant sind. Selbst der Bahnhof am Stiglmaierplatz mit seinem braunen Farbton hat etwas Besonderes.

sueddeutsche.de: Haben Sie einen Lieblingsbahnhof?

Schütz: Gut gefallen mir der Marienplatz, der hat viele Facetten, oder der neu-eröffnete Bahnhof Oberwiesenfeld. Die orange Nordwand dort hat eine sehr ruhige Struktur, die weiß-schwarze Südwand dagegen ist ziemlich aufregend. Außerdem hat der Bahnsteig Tageslicht, das finde ich sehr hübsch. Und die Station ist noch nicht so abgenutzt. Schön sind aber auch Trudering, Josephsburg, Dülferstraße oder Brudermühlstraße.

sueddeutsche.de: Sie können sich so für U-Bahnen begeistern. Bereuen Sie es manchmal, dass Sie nicht U-Bahn-Fahrer geworden sind?

Schütz: Mir geht es nicht so sehr um das Fahren, sondern um das System drum herum. U-Bahnfahren würde mich kurzzeitig reizen, aber längerfristig hätte ich daran wohl keine Freude. Ich bin Webentwickler und mit meinem Beruf eigentlich sehr zufrieden.

"München U-Bahn Album" ist der 11. Band der Serie "Nahverkehr in Deutschland" aus dem Berliner Robert Schwandl Verlag. Das Buch kostet 19,50 Euro.

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