Wie viele es sind? Ich kann es nicht sagen, aber es sind viele, sehr viele. Mit höhergelegten riesigen Allradreifen und Doppelauspuff wälzen sie sich durch die Stadt: Sogenannte SUVs aus Herstellung einschlägiger - nicht selten deutscher - Autofabriken. Wow, könnte man meinen, da muss ein erfolgreicher Ingenieur, Arzt oder Staatsanwalt am Steuer sitzen. Antwort: so gut wie nie. Porsche, BMW, Mercedes, Audi, VW, Range Rover - nichts davon ist in München ein guter Indikator für Erfolg.
Man möge an meinem Urteil zweifeln. Oder man schaue sich in München um. Die Beweise sind überall zu finden. An den Tankstellen der Stadt sieht man die Teenager dann aus den protzigen Wagen steigen. Es sieht aus, wie ein Kind in einem viel zu großen Frack. Als handle es sich um den Frack des Vaters.
Ich glaube nicht daran, dass die Fahrer und Fahrerinnen (oft sind es junge Männer, aber nicht nur) in diesem zarten Alter groß herausgekommen sind und erfolgreiche Unternehmen leiten. Ich sehe eher Leute, die in ganz normalen Jobs arbeiten. 30 000 Euro Jahresgehalt? Reicht, um einen schicken BMW zu fahren. Das Geheimwort heißt: Leasingwagen.
Manche wagen noch mehr: Ich habe einen Bekannten, der von seinen Freunden ernsthaft eine Geldspende erbat, um den Motor seines Audi-SUVs zu ersetzen. Ich lehnte dankend ab, an seiner Spendenaktion teilzunehmen. Ich selbst habe ein zehn Jahre altes Auto, das eventuell noch 2000 Euro wert ist. Sein Motor kostete deutlich mehr als mein ganzes Gefährt.
In Uganda, wo ich herkomme, sind Leasing-Angebote weniger verbreitet. Wer ein Auto fährt, hat es auch meist gekauft. Entsprechend sieht man dort selbst in den großen Städten so gut wie nie einen schicken Mercedes, BMW, Audi oder VW durch die Straßen fahren. Wer so eine Kutsche steuert, der hat sich den Kaufpreis tatsächlich leisten können. Es gilt die ungeschriebene Regel: Entweder man kann sich einen Wunsch in bar leisten oder der Wunsch bleibt unerfüllt. Das hat Nachteile, was die Wunscherfüllungsrate angeht. Diese Art von Lebensstil lässt die Menschen allerdings auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten leben. Anders als in Deutschland, wo mit Finanzierung alles scheinbar leicht geht, und nicht wenige irgendwann finanziell lahmlegt.
Einige Leute haben sich schon über mein Auto lustig gemacht. Ein nicht unerheblicher Teil der deutschen Gesellschaft glaubt offenbar, dass das Auto einer Person ein verlässliches Statussymbol sei, das den erreichten Erfolg je nach Preisklasse und Wucht der Kiste anzeigt wie eine Waage. Eventuell könnte es sein, dass das in meinem Fall sogar zutrifft. Aber eben nicht im Fall der unzähligen jungen Männer und Frauen, denen man beim Aussteigen aus ihren Limousinen sofort ein Malbuch und Buntstifte in die Händchen drücken möchte.
Während diese sogenannten Besitzer von Luxusautos monatlich mit einer saftigen Autofinanzierungszahlung (welche schönes deutsches Wort) belastet werden, um das Privileg zu haben, stilvoll zu ihrer Arbeit zu fahren (falls sie eine haben), werden andere mit ihren Honda Civics oder Toyota Corollas durch die Gegend rumpeln und sich ihrer finanzieller Freiheit erfreuen.