Tunnel an der Landshuter Allee:Problematische Röhre

Landshuter Allee in München, 2014

Verkehrsader: die Landshuter Allee in München.

(Foto: Florian Peljak)

Die Pläne für den Bau eines Tunnels an der Landshuter Allee würden Verkehrsprobleme lösen und Wohnraum schaffen. Lärm und Dreck lassen sich jedoch nicht so einfach unter die Erde verbannen. Welche Probleme die Röhre mit sich bringt.

Von Marco Völklein

Die Freude war groß bei vielen Rathauspolitikern über die Pläne, die der Projektentwickler Rolf Rossius und der Architekt Dieter Pöhlmann im Mai vorgelegt hatten: Einen Autotunnel wollten sie bauen an der Landshuter Allee, der die Autos sowie Lärm und Dreck unter die Erde verbannen sollte. Zugleich wollten sie auf dem Tunneldeckel Platz schaffen für 1100 Wohnungen. Sogar in den Kooperationsvertrag von CSU und SPD schaffte es die Idee. Mittlerweile aber ist klar: Ganz so einfach wird das nicht. Vielmehr tun sich für Fachleute zahlreiche Probleme auf.

Problem 1: Der verbleibende Verkehr

Rossius und Pöhlmann wollen den Tunnel so günstig wie möglich bauen - deshalb ziehen sie die Röhre von der Abfahrt an der Donnersbergerbrücke durch bis zur Kreuzung mit der Dachauer Straße, ohne weitere Zu- oder Abfahrten, die den Bau verteuern würden. Das spart zwar Geld, räumen selbst Fachleute wie Ulrich Glöckl vom Planungsbüro Transver ein. Er hat sich im Auftrag des Planungsreferats die Idee genauer angeschaut.

Das Problem ist aber, dass dann der Verkehr aus den Seitenstraßen, etwa aus der Leonrod- oder der Nymphenburger Straße, oben entlang geführt werden muss - bis er dann an der Dachauer Straße im Norden oder zur Donnersbergerbrücke im Süden auf den Ring gelangt. Damit bleiben aber laut Glöckl im Abschnitt zwischen Leonrodstraße und Dachauer Straße 18 500 Autos täglich an der Oberfläche - und die emittieren weiter Schadstoffe und Lärm. Die Belastung entspreche der "an einer stark befahrenen Bundesstraße", sagt Glöckl.

Beim Alternativplan des Planungsreferats indes, der einen Tunnel mit mehreren Zu- und Abfahrten vorsieht, blieben in dem Abschnitt nur 5500 Autos an der Oberfläche übrig. Das würde die Anwohner deutlich mehr entlasten.

Grafik Landshuter Allee

So sehen die Pläne der Architekten aus.

(Foto: SZ-Grafik)

Problem 2: Die Enge an der Oberfläche

Rossius' und Pöhlmanns Plan sah zunächst eine Häuserzeile in der Mitte der jetzigen Straßenschlucht vor. Östlich und westlich davon würden die Fahrspuren für die geschätzt etwa 18 500 Autos verlaufen, jeweils zwei Spuren pro Richtung, jeweils als Einbahnstraße. Der Knackpunkt ist: Damit bleibt für die Häuserzeile in der Mitte nur ein schmales Band von gerade mal zwölf Metern Breite. Auf dieser Fläche sind ruhige Hinterhöfe kaum machbar. Die Wohnungen würden also von beiden Seiten mehr oder weniger vom Kfz-Verkehr umtost, argumentieren die Fachleute aus dem Planungsreferat und fragen: "Wer will denn da wohnen?"

Rossius entgegnet, ähnliche Situationen gebe es an zahlreichen Stellen, etwa an der Prinzregenten- oder der Rosenheimer Straße. "Dann müsste man ja die halbe Stadt entvölkern." Anwohner hatten befürchtet, eine fast durchgehende Häuserzeile würde wirken wie eine "Neuhauser Mauer". Deshalb haben Rossius und Pöhlmann zuletzt ihren Vorschlag überarbeitet: Nun planen sie viel mehr Grün zwischen den Häusern, die zudem auch nicht mehr als Zeile angelegt sind, sondern als einzelne "Punkthäuser". Allerdings: An der nutzbaren Breite von nur zwölf Metern ändert auch dies nichts.

Problem 3: Die unklare Finanzierung

Rossius und Pöhlmann haben die Kosten für den Tunnel auf 50 Millionen Euro geschätzt; dem haben sie Erlöse aus der Immobilienverwertung von 80 Millionen Euro gegengerechnet. Unterm Strich würde so ein Gewinn abfallen. Allerdings wollten die beiden die Häuser direkt auf den Tunnel setzen. Das geht laut den Planern rechtlich nicht und ist bedenklich, weil man die Bauwerke dann nicht getrennt unterhalten könnte. Besser wäre es, die Häuser mit Pfählen in der Tiefe zu gründen und die Tunnelröhren dazwischen durchzufädeln. "Das aber treibt die Kosten", sagen die Fachleute.

Eine genaue Schätzung wagt beim aktuellen Stand der Planungen sowieso keiner. Einen Anhaltspunkt bietet die Kostenschätzung für den vom Planungsreferat skizzierte Alternativtunnel: Der würde auf etwa 537 Millionen Euro kommen.

Problem 4: Die Abluft

Egal, welche Tunnelvariante gebaut wird - ein Problem stellt sich bei beiden: Um die Schadstoffe der Autos abzuleiten, müssten Kamine errichtet werden. Und die sind kein städtebauliches Schmankerl. Rossius und Pöhlmann haben hierfür eine smarte Lösung gefunden: Sie würden die Schlote gerne in zwei höhere Gebäude integrieren, die sie an der Kreuzung zur Nymphenburger Straße vorgesehen haben, genannt "Neuhauser Tor". Ob daraus etwas wird, ist offen.

Rossius findet, dass die Planer der Tunnelidee viel zu ablehnend gegenüberstehen. Die Stadt müsste "schleunigst in die Planung einsteigen", fordert er. "Wenn wir weiter so zögerlich mit dem Thema umgehen, werden wir in 50 Jahren keinen Tunnel an der Stelle haben." Und er betont: Er selbst habe kein Interesse, die Wohnungen zu bauen. Das könne eine städtische Wohnungsbaugesellschaft übernehmen.

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