TU-Präsident über Rechts der Isar:"Wir müssen die Transplantationen vereinfachen"

Er sei "mehr als irritiert, dass so ein Fehler passiert ist": TU-Präsident Wolfgang Herrmann hat sich zu den möglichen Unregelmäßigkeiten bei Transplantationen am Klinikum rechts der Isar geäußert - und über mögliche Konsequenzen gesprochen.

Sebastian Krass und Christina Berndt

TU-Präsident über Rechts der Isar: Wolfgang Herrmann, 64, ist Präsident der Technischen Universität München und zugleich Mitglied des Aufsichtsrats für das Klinikum rechts der Isar.

Wolfgang Herrmann, 64, ist Präsident der Technischen Universität München und zugleich Mitglied des Aufsichtsrats für das Klinikum rechts der Isar.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Technische Universität (TU) München hat sich in die Debatte um mögliche Unregelmäßigkeiten bei Transplantationen am Klinikum rechts der Isar eingeschaltet. Er sei "mehr als irritiert, dass so ein Fehler passiert ist", sagte TU-Präsident Wolfgang Herrmann der SZ. Zugleich betont er, dass er die Vorkommnisse hier als "unabhängig von den Transplantationsskandalen" in Göttingen und Regensburg betrachtet.

In München habe es nach derzeitigem Kenntnisstand "ein einmaliges Fehlverhalten im Januar 2010" gegeben. "Ich entschuldige das aber nicht. Solche Fehler dürfen nicht passieren, sie müssen gründlich untersucht werden." Herrmann äußerte sich erstmals zu den Vorgängen am Klinikum, das eine eigene Rechtseinheit ist, aber gemeinhin als "die Uni-Klinik der TU" wahrgenommen wird. Herrmann ist auch Mitglied des Aufsichtsrats des Klinikums.

Anlass, über personelle Konsequenzen am Klinikum nachzudenken, sieht der TU-Präsident nicht: "Ich sehe bisher keinen Anhaltspunkt, dass Leute Dinge gemacht haben, die so kritisch sind." Dabei bezog er namentlich auch die Spitzen der Klinik ein: den Ärztlichen Direktor Reiner Gradinger sowie die Leiter der II. Medizinischen Klinik und der Chirurgischen Klinik. "Sollte die Untersuchung aber ergeben, dass es spezifische Schuldige gibt, muss man das ahnden", betonte Herrmann.

Am Klinikum rechts der Isar hat es in den Jahren 2010 und 2011 mehrere Fälle von Unregelmäßigkeiten gegeben. Dies ergab eine Untersuchung der Lebertransplantationen in diesem Zeitraum durch die Prüfungs- und Überwachungskommissionen der Bundesärztekammer Mitte September. In der Folge werden nun neun Lebertransplantationen noch einmal geprüft.

Sechs Fälle gelten als besonders fragwürdig. In dem Fall vom Januar 2010 geht man auch am Rechts der Isar inzwischen von einer vorsätzlichen Manipulation aus, durch die einer Patientin eine Leber verschafft wurde, die eigentlich noch nicht für eine Transplantation in Frage kam. Ob ein Verantwortlicher zur Rechenschaft gezogen werden kann, ist derzeit unklar. Die Staatsanwaltschaft prüft noch, ob sie Ermittlungen einleitet.

Eine Lehre hat Herrmann aus den Erkenntnissen der vergangenen Wochen gezogen: "Wir müssen die Transplantationen vereinfachen. In Extremsituationen, wenn es binnen eines Tages um Leben und Tod geht, war die Kommunikation zwischen verschiedenen Kliniken anscheinend schwierig." Deshalb habe man nun am Rechts der Isar das Transplantationszentrum verselbständigt, "mit einem Verantwortlichen an der Spitze".

Einen Schaden für den Ruf seiner Universität sieht Herrmann durch die Negativschlagzeilen um das "Klinikum rechts der Isar an der TU München", wie es offiziell heißt, nicht. Die möglichen Unregelmäßigkeiten hätten sich "allein in der Krankenversorgung" abgespielt und damit außerhalb des Verantwortungsbereichs der TU. Dieses Uniklinikum ist wie die anderen vier Uniklinika in Bayern (LMU München, Regensburg, Erlangen und Würzburg) zum 1. Juli 2006 in die Unabhängigkeit entlassen worden.

Rechtlich gesehen ist es mit der TU nur noch über einen Kooperationsvertrag verbunden. Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums ist der bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP).

Andererseits ist die Medizin nach wie vor "integraler Bestandteil" der TU, betont Herrmann. Die Professoren am Klinikum sind Mitglied der TU, deren Präsident ist ihr Dienstherr. Herrmann glaubt, dass der "hervorragende" Ruf des Klinikums wegen der aktuellen Diskussion keinen nachhaltigen Schaden nehmen werde.

Gerade in der Transplantationsmedizin habe man dort große Erfolge errungen, etwa mit der weltweit ersten Transplantation zweier Arme bei einem Patienten vor knapp fünf Jahren. "Die Universität ist sehr stolz auf ihre Medizin", sagt Herrmann.

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