Forschung:TU-Studenten entwickeln neue Tunnelbohrmaschine

Forschung: Den ersten Tunnel haben Kilian Schmid und Jona Roßmann (von links) mit ihrem Gerät bereits gebohrt - noch in Erdweg, nicht in Kalifornien.

Den ersten Tunnel haben Kilian Schmid und Jona Roßmann (von links) mit ihrem Gerät bereits gebohrt - noch in Erdweg, nicht in Kalifornien.

(Foto: Gino Dambrowski)

Sie wollen damit einen Wettbewerb des Tesla-Gründers Elon Musk gewinnen, der an das Hyperloop-Projekt anschließt.

Von Sophia Kaiser

Eine längliche, weiße Röhre steht auf dem Tisch. An einer Seite hat sie eine runde Öffnung, die den Blick ins Innere preisgibt, auf der anderen einen schwarzen Aufsatz. Mit ihren 20 Zentimetern Durchmesser symbolisiert sie die Zukunft - zumindest, wenn man die Studenten Kilian Schmid und Jona Roßmann fragt. Denn diese unscheinbare Röhre kann Tunnel bohren. Sie ist ein erster Entwurf einer Tunnelbohrmaschine der Studierendeninitiative der TU München namens "TUM Boring - Innovation in Tunneling", zu der auch Jona und Kilian gehören. Bohren und Boring, nein, das ist kein Wortspiel. Die rund 60 Mitglieder der Initiative nehmen am weltweiten Wettbewerb "Not-A-Boring-Competition" teil, ins Leben gerufen durch Tesla-Gründer Elon Musk. Mit seiner Firma "The Boring Company" will er schnelleren und kostengünstigeren Tunnelbau ermöglichen. Bis zum Frühjahr soll ein Prototyp für eine Tunnelbohrmaschine entwickelt werden.

Ziel ist es, einen 30 Meter langen Tunnel in einer Wüste in Kalifornien zu bohren - möglichst schnell und genau. Außerdem gilt es, eine befahrbare Oberfläche innerhalb der Röhre aufzubauen. Das werde im Anschluss mit einem ferngesteuerten Tesla überprüft, der durch den Tunnel fährt, erzählt der 23-jährige Jona Roßmann, der im Master Ressourceneffizientes und nachhaltiges Bauen an der TU München studiert. Die erste Aufgabe, das vorläufige Design der Maschine, hat TUM Boring bereits bestanden. Im nächsten Schritt geht es jetzt um das finale Design, samt Energieverbrauchsberechnungen und Sicherheitsvorkehrungen. Die Motivation ist groß.

In der Frage, für was die gebauten Tunnel gut sein sollen, teilen Kilian Schmid und Jona Roßmann, wie auch die anderen Mitglieder, die Vision von einem Verkehr der Zukunft unter der Erde. Staus in der Innenstadt, Lärm, Luftverschmutzung, nervige rote Ampeln - all diese Verkehrsprobleme könne der Tunnelbau lösen. Kilian Schmid ist 22 Jahre, studiert Mechatronik an der Hochschule München und ist Teil der Projektleitung. "Mit Tunneln hätten wir einerseits weniger Autos auf den Straßen, andererseits kämen wir schneller ans Ziel", erklärt er. Für die Innenstadtnutzung würden sich dadurch neue Nutzungsideen, wie mehr Parks oder Fahrradwege, eröffnen.

Seit der Gründung im Juli ist TUM Boring innerhalb kurzer Zeit von sieben auf mehr als 60 Mitglieder angewachsen. Unterstützung bekommt die Gruppe vom Uni-Präsidenten, Thomas Hofmann, als Schirmherr der Initiative und von Jochen Fillibeck, Geotechnik- und Erdbauprofessor an der TU und einer der Beteiligten an der Planung der zweiten Stammstrecke in München. 16 verschiedene Nationalitäten finden sich unter den jungen Mitgliedern mit einem Durchschnittsalter von 23 Jahren. Durch die verschiedenen Studienrichtungen gibt es jede Menge Input aus Fachbereichen wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Bauingenieurwesen, BWL und Informatik. "Wir sind extrem stolz, Teil von diesem großartigen Team sein zu dürfen", sagt Kilian Schmid.

Bisher dauert es fünf bis acht Wochen, einen Kilometer Tunnel zu bohren

Vor zwei Jahren hat er sich mit dem ersten Maschinen-Design beschäftigt. Noch vor der ersten Deadline ist das erste richtige Modell entstanden. Zwei Meter Tunnel konnten damit im Oktober in einem Garten eines der Mitglieder in Erdweg (Kreis Dachau), 40 Kilometer nördlich von München, gebohrt werden - für die Gruppe ein riesiger Erfolg. Die Wahl des Ortes war kein Zufall. Der Boden dort ähnele der "weicheren Geologie" in Kalifornien mehr, als die Münchner Schotterebene, sagt Jona Roßmann. Fünf bis acht Wochen bräuchten Tunnelbohrmaschinen gerade, um einen Kilometer zu graben - sie sind 14-mal langsamer als eine Gartenschnecke. Das Motto des Wettbewerbs lautet "Beat the snail", schlage die Schnecke. Automatisierung sei das Stichwort, sagen Jona Roßmann und Kilian Schmid. Genauere Details wollen sie nicht preisgeben, der Wettbewerb laufe schließlich noch.

Auch in München gäbe es Möglichkeiten für die Nutzung von Tunneln: Denkbar wäre laut Jona Roßmann eine Tunnelverbindung von der Innenstadt bis zum Flughafen. Die 45-minütige Fahrt könne so auf eine Viertelstunde verkürzt werden, ohne die zwölf Zwischenstopps, die die S-Bahn gerade immer einlegt.

Aktuell liege der Fokus allerdings auf dem Wettbewerb, sagen beide. Für den Sieg rechnen sie sich gute Chancen aus. Mit dem Vorgängerprojekt "TUM Hyperloop" stehen die Studierenden im Austausch. Die Idee des Loop, englisch für Schleife, basiert auch auf einer Vision Elon Musks. Konkret sieht sie vor, dass elektrisch betriebene Fahrzeuge Personen in Tunneln von A nach B bringen, ganz ohne Staus und Hindernisse. Beim Hyperloop-Projekt sind es luftleere Tunnel, in denen Magnetschwebebahnen Menschen mit Schallgeschwindigkeit - also mit mehr als 1000 Kilometern pro Stunde - ans Ziel bringen. Trotz der Unterstützung von akademischer sowie industrieller Seite, über die die beiden sehr froh sind, wird weiterhin nach Sponsoren gesucht. "Wir sind rein studentisch basiert und müssen uns komplett selbst organisieren und autark handeln. Wir sind auf externe Partnerschaften angewiesen," sagt Jona Roßmann. Kontaktieren kann man die Gruppe per Mail unter team@tum-boring.com.

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