Zu Bescheidenheit neigt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bekanntlich nicht unbedingt, auch wenn er beim Blick zu den Sternen manches Mal so etwas wie Demut verspüren will, wie er am Montag bei einem Vortrag an der TU München erklärte. Söder sagte also vor Hunderten Wissenschaftlern am Forschungscampus in Garching: "Die Ur-Idee für die Fakultät geht ein bisschen auf mich zurück", auch wenn er einräumte, es habe deshalb im Voraus viele Gespräche unter anderem mit TU-Präsident Wolfgang A. Herrmann gegeben. Der trägt die Idee einer neuen Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie (LRG) bereits seit zwei Jahrzehnten mit sich herum, wie er beim "Take-off" für das neue Vorzeigeprojekt der TUM sagte.
Nach dem Start am 1. Oktober soll das Universitätsprojekt zur wohl größten Fakultät für Raumfahrt, Luftfahrt und Geodäsie in Europa werden. Und Söder will das Projekt kräftig anschieben: Er stellt 700 Millionen Euro und wohl noch "deutlich mehr" für den neuen Campus in Ottobrunn/Taufkirchen, die Forschungseinrichtung und den Bau von Satelliten für die kommenden zehn Jahre in Aussicht.
Beförderungskapsel Hyperloop:Von München nach Berlin in einer Stunde
Studenten der TU stellen einen Prototypen vor, den sie auf bis zu 600 Stundenkilometer beschleunigen wollen. Doch in Deutschland teilen Hyperloop und Transrapid dasselbe Schicksal.
Noch in diesem Herbst will der Ministerpräsident seine Raumfahrtstrategie erneut im Landtag diskutieren und die Investitionen in das Programm womöglich verdoppeln. "Wir werden deutlich nachlegen", sagte Söder am Montag. Der CSU-Chef hatte bei seiner Regierungserklärung im April 2018 einigen Spott für seine Vision erhalten, das Projekt nannte er "Bavaria One". Söder fühlte sich damals missverstanden, auch am Montag erklärte er, dass er natürlich nicht zum Mond fliegen wolle. Der Großteil der Steuergelder aus dem Freistaat sollen in Forschung und Entwicklung gehen. Er ist überzeugt: "An der neuen Fakultät der TUM wird Realität, was wir früher als Science-Fiction bezeichnet hätten." High-Tech-Werkstoffe, alternative Energieträger, neue Formen der Mobilität, Fortschritte in der Medizin - "hier entsteht Raumfahrt zum Nutzen der Gesellschaft." 55 Lehrstühle sollen nach Angaben der TU München entstehen, zunächst startet die Fakultät mit 18 Professoren und 1000 Studenten ins erste Wintersemester.
TU-Präsident Herrmann ist überzeugt davon, dass die Metropolregion München nun zum "Space Valley der Zukunft" werden könnte. Mit Ottobrunn/Taufkirchen als Hauptstandort der neuen Fakultät, Garching sowie der Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt Oberpfaffenhofen mit seinem Flughafen und dem Lehrstuhl für Geodäsie an der Arcisstraße in München entsteht nun eine "echte Europafakultät", so Herrmann. "An keinem anderen Standort sind die Bedingungen so gut, ist der Zeitpunkt so günstig." Es sollen Synergien der Fachbereiche noch verstärkt werden. "Nur wer die Welt im Ganzen begreift, kann sie im Ganzen bewegen", sagt der TU-Präsident.
Die Mondlandung vor 50 Jahren nennt Söder einen "Ansporn"
Herrmann kann sich zufrieden schätzen, dass er auf einen "Technikfan" (Herrmann über Söder) als Ministerpräsident getroffen ist. Der CSU-Politiker ist zumindest bekennender Science-Fiction-Anhänger. Bevor er Fan von Franz Josef Strauß geworden sei, "war ich Fan von James T. Kirk", sagt Söder. Er zitiert in seiner 45-minütigen Rede tatsächlich auch zwei Mal aus "Star Trek", in der William Shatner jahrzehntelang den Captain des Raumschiffs Enterprise spielte. Söder findet sogar, dass "Raumfahrt ein Stück weit Religion" sei. Er nennt die Mondlandung vor 50 Jahren einen "Ansporn", dass Bayern in der Raumfahrttechnologie nun die Führungsrolle in Deutschland, wenn nicht sogar Europa übernehmen könnte. "Wenn wir jetzt nicht anfangen, machen es andere", so Söder.
In Garching herrscht also Aufbruchstimmung, auch wenn in absehbarer Zeit wohl keine bemannte Rakete als "Bavaria One" in Richtung Mond aufbrechen wird. Söder, der Technikfan, will noch mehr. Als in einer Fragerunde nach Söders Rede zur Sprache kam, dass die Anbindung der verschiedenen Fakultätsstandorte zwischen dem Münchner Südosten, Garching und dem Forschungsflughafen in Oberpfaffenhofen doch verbesserungswürdig sei, brachte er den "Hyperloop" ins Spiel. Die Hochgeschwindigkeitsröhre, die von Studenten der TUM entwickelt wurde, sei "ein faszinierendes Projekt". Er kündigte bereits am Montag den Bau einer Teststrecke an, wollte sich aber noch nicht festlegen, wo. Das ist eben noch Science-Fiction, aber das Genre liebt Söder ja.