Ob Pflege, autonomes Fahren oder Industrieproduktion: Intelligente Maschinen könnten die Menschen von lästigen Tätigkeiten befreien, sagt Haddadin. "Pflegekräfte können sich dann der wirklichen Pflege widmen, Arbeiter können sinnstiftende statt monotoner Tätigkeiten übernehmen." Das Argument, dann fielen Millionen Arbeitsplätze weg, lässt er nicht gelten. "Dafür entstehen Millionen neuer Jobs." Die Menschen müssten nur entsprechenden Zugang zu Bildung haben. "Jeder muss programmieren lernen, wir müssen unsere Jugend zu Robo-Natives machen."
Seine Franka sei so leicht per App zu programmieren, dass Lehrlinge in Hannover das schon als Teil ihrer Ausbildung lernten. Leben und Arbeiten leichter machen, das ist Haddadins Vision. "Nicht nur in Europa, auch in Asien etwa, wo Menschen unter unerträglichen Bedingungen unsere Handys zusammenschrauben oder Turnschuhe nähen - das können eines Tages Roboter übernehmen." Voraussetzung sei natürlich, dass die Leute auch dort für höhere Aufgaben qualifiziert würden.
Prognosen, wann das alles Realität sein wird, will er nicht geben. Aber sein eigenes Leben, sagt er, sei durch die smarte Technologie schon sehr viel angenehmer geworden. "Ich diktiere meine E-Mails meist und bin das lästige Tippen los." Sein Rasenmäher-Roboter sei "das sechste Familienmitglied", und wenn er neue Songs mit den Kollegen seiner ehemaligen Hardrock-Band komponiere, "dann müssen wir nicht mehr wie früher mit Tape-Rekorder hin- und herkopieren, da leistet mir mein Computer großartige Dienste".
Haddadin stammt aus einer multikulturellen Familie, der Vater kam aus Jordanien, die Mutter aus Finnland nach Deutschland. "Ich wäre früher froh gewesen, hätte ich meine Großeltern nicht nur am Telefon gehört, sondern auch gesehen und gefühlt", sagt er. Heute gibt es das: Händedruck per Roboterhand in Echtzeit, "ist doch toll".
In der Nähe von Hannover geboren, hat Haddadin an der TU München seine Abschlüsse in Elektrotechnik und Informatik gemacht. Er war immer unter den Besten. "Ich durfte beim großen Hirzinger lernen", sagt er. Gerd Hirzinger, der TU-Professor und Direktor am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, war einer der Pioniere der Künstlichen Intelligenz. Bis heute entwickelt er neue Systeme oder Virtual-Reality-Anwendungen, etwa auch für das Deutsche Museum. Dessen Chef wiederum, Wolfgang Heckl, ist Robotikfan. "Und er weiß, wie man Themen in die Öffentlichkeit bringt", sagt Haddadin. Dass Heckl in Garmisch-Partenkirchen wohnt, kommt der Entwicklung von Garmi sicher zugute.
In Verkehr und Transportwesen sollen autonome Autos oder Drohnen eine Rolle spielen.
(Foto: TUM/MSRM)Haddadin spricht schnell, immer wieder klickt er ein Video an, er will, dass sein Tun mit positiven Bildern verknüpft wird. "Mich treibt immer die Frage an: Was tue ich da, und wem nützt es?". Seine Förderer und Auftraggeber wähle er kritisch aus. Sexroboter, Kriegsroboter, "mit so etwas möchte ich mich nicht beschäftigen", sagt er. Auch das Thema Datenschutz nehme er sehr ernst. Die Kamera an seinem Laptop hat er selbstverständlich zugeklebt.
"Ein Handwerker nutzt den Hammer, und künftig nutzt er eben auch den Roboter, so sehe ich das", sagt Haddadin. Visionen von einer Superintelligenz, die Menschen austrickst und übertrumpft, hält er für Unsinn. "Roboter werden noch sehr lange nicht über die Fähigkeiten eines vierjährigen Kindes hinauskommen." Und wenn doch? "Dann müssen wir das kontrollieren. Bis jetzt können wir noch relativ gut beurteilen, in welchem Rahmen sich die bisher entwickelten Systeme bewegen."
Lange hat er sich Zeit genommen für das Gespräch. Nur eine letzte Frage noch. Wenn seine drei kleinen Kinder in etwa 20 Jahren ihr Studium beendet haben werden - wie wird die Welt dann aussehen?
Da stockt der eloquente Forscher plötzlich. "Ich glaube," sagt er und streicht sich über seinen Bart, "ich hoffe jedenfalls, dass wir in einer guten ... - nein, wie sage ich das jetzt ... Im Positiven hoffe ich, dass wir viel enger mit der Technologie leben werden als heute, aber sie viel weniger spüren werden, weil wir intuitiver damit umgehen. Und dass die großen Probleme der Gegenwart bis dahin aktiv angegangen sind. Vor allem die Umweltzerstörung."
Dass ihm solche Fragen wichtig sind, glaubt man ihm gerne. Er sucht das Gespräch mit Sozialwissenschaftlern und Philosophen. Schließlich könne seine Forschung auch bei der Lösung der Zukunftsfragen helfen. "Die Leute haben so viel Angst vor Science-Fiction-Visionen, aber die Realität ist doch viel schöner."