TU München:In English, please!

Doktoranden an der TUM
(Foto: Lukas Barth)

TU-Präsident Wolfgang Herrmann will alle Master-Studiengänge auf Englisch umstellen, die international übliche Standardsprache. Damit stößt er auf Widerstand - bei Studenten und bei CSU-Parteifreunden.

Von Sebastian Krass

Etwa 150 Abschlussarbeiten hat Wolfgang Utschick in den vergangenen zehn Jahren betreut. Da könnte man im Rückblick den Überblick verlieren. Aber eine Zahl hat Utschick parat: Vier dieser Arbeiten seien in deutscher Sprache verfasst worden, die anderen auf Englisch - "auf Wunsch der Studierenden". Utschick ist Studiendekan der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik an der Technischen Universität (TU).

Braucht es Deutsch als Unterrichtssprache an Hochschulen in technischen und naturwissenschaftlichen Fächern noch? Diese Frage stellt sich für Utschick gar nicht, zumindest bei den Masterstudiengängen. Zwei von drei dieser Angebote laufen schon komplett auf Englisch, nur der allgemeine Master läuft formal auf Deutsch, allerdings mit vielen englischsprachigen Kursen. "Und wir könnten schon lang komplett umstellen", sagt Utschick.

Solche Aussagen passen Wolfgang Herrmann, dem Präsidenten der TU, ins Konzept. Er hat nämlich ein Ziel: Er will alle Master-Studiengänge an der TU auf die Standard-Unterrichtssprache Englisch umstellen. So hat er es mit dem Hochschulrat in der vergangenen Sitzung besprochen. Derzeit erfüllen 30 der 99 Master-Angebote an der TU dieses Kriterium. Die Bachelor-Programme sollen vorerst auf Deutsch bleiben. Medizin und Lehramtsstudiengänge sind ohnehin ausgenommen, weil sie das Staatsexamen als Abschluss haben. "Englisch ist die lingua franca in Wissenschaft und Wirtschaft", sagt Herrmann. Es sei Aufgabe einer Hochschule, die Studenten darauf vorzubereiten.

Wettbewerb um die klügsten Köpfe

Außerdem stehe die TU in einem scharfen internationalen Wettbewerb der Hochschulen um die klügsten Köpfe, die will er möglichst schon zum Masterstudium gewinnen. Deshalb will er ein "starkes Signal" senden. Herrmann wollte die Umstellung bis 2017 über die Bühne bringen. Das war dem Hochschulrat zu kühn. Nun ist 2020 das Ziel. So konkret hat das bisher keine deutsche Hochschule formuliert. An diesem Mittwoch trifft sich der Hochschulrat der TU wieder - eine Gelegenheit, noch einmal über das Thema zu sprechen, auch über den Widerstand, der sich regt.

Zum Beispiel bei den Studenten. Der Fachschaftenrat der TU plädiert dafür, die Entscheidung über die Unterrichtssprache den einzelnen Fakultäten zu überlassen. In Sparten wie dem Maschinenbau gebe es ein bewährtes Nebeneinander von englischen und deutschen Lehrangeboten. Man könne auch jetzt schon nahezu ausschließlich mit Englisch zum Abschluss kommen. Der Münchner Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer (CSU) hat sich mit einem offenen Brief an Herrmann gewandt. Darin mahnt er, Deutsch als Wissenschaftssprache zu pflegen. Auch der Bundestag fordere "ein ausgewogenes Verhältnis" von Lehrangeboten auf Deutsch und Englisch. "Wenn der Eindruck entstünde, Deutsch in der Ingenieurwissenschaft sei nicht mehr zeitgemäß (...), wäre das ein falsches Signal", schreibt Singhammer.

Für Wolfgang Herrmann sind die Realitäten ganz anders: "In den Naturwissenschaften läuft schon seit vielen Jahren alles auf Englisch, bei den Ingenieurwissenschaften gibt es hier und da noch einzelne Publikationen in Deutsch." Sprich: Deutsch als Wissenschaftssprache sei in diesen Bereichen bereits so gut wie ausgestorben. "Es ist ein trauriger Befund", sagt Herrmann, aber den müsse man "zur Kenntnis nehmen". Deshalb müsse man umso mehr darauf achten, ausländischen Studenten und Doktoranden auch die deutsche Sprache nahezubringen.

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