TSV 1860:Die Scheichs als letzte Hoffnung

Ein privater Investor ist offenbar die letzte Hoffnung. Das Sanierungskonzept des TSV 1860 überzeugte die Banken nicht. Und auch die Politik ist am Ende ihres Lateins.

Andreas Burkert und Klaus Ott

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer ist, im Gegensatz zu Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, nicht als Fan von 1860 bekannt. Neulich war er in Bamberg. Beim Basketball. Doch der CSU-Mann aus Ingolstadt, das inzwischen mit einem eigenen Fußball-Klub in der zweiten Liga vertreten ist, sorgt sich ebenso wie Sozialdemokrat Ude um den Münchner Traditionsverein.

Löwenfans demonstrieren in München, 2011

Löwenfans demonstrieren in München, 2011 Fans des TSV 1860 München demonstrieren auf dem Marienplatz für die Rettung ihres Vereins vor der Insolvenz.

(Foto: Robert Haas)

Beide bilden ein Gespann, das jenseits von Stadt- und Parteigrenzen nach Lösungen für den von der Pleite bedrohten TSV sucht. Seehofer und Ude haben mit führenden Löwen mehrfach in Krisenrunden zusammengesessen. Was dabei bislang herauskommt, ist allerdings ernüchternd, für eine Rettung in letzter Minute bleibt eine Hoffnung: der Einstieg eines arabischen Investors, der angeblich Interesse hat, sich bei 1860 zu engagieren.

Münchens Stadtsparkasse und Bayerns Landesbank würden ja gerne die erhofften Millionenkredite gewähren, doch die Voraussetzungen dafür sind derzeit nicht gegeben. Die Sechziger hätten "ihre Hausaufgaben" noch nicht erledigt, heißt es aktuell aus dem Umfeld der beiden öffentlichen Kreditinstitute, die der Stadt und dem Land gehören. Sparkasse und BayernLB sollen gemeinsam mit einer Privatbank zehn Millionen Euro Kredit für den TSV gewähren.

Doch die Politik will auf die beiden öffentlichen Banken auf keinen Fall Druck ausüben. Da sind sich Seehofer und Ude einig. Geld für die Löwen gibt es nur, wenn alles stimmt: die Sicherheiten für die Kredite, das Sanierungskonzept und der Abbau der Altschulden.

Bis einschließlich Donnerstag hakte es noch an allen drei Voraussetzungen. Was für den erhofften Millionen-Kredit unbedingt notwendig ist, das bekamen TSV-Präsident Dieter Schneider und Geschäftsführer Robert Schäfer vor einer Woche von Seehofer und Ude persönlich gesagt: Der Ministerpräsident hatte nach SZ-Informationen zu einer geheimen Runde in seine Regierungszentrale geladen, die Staatskanzlei.

In jenem Sitzungssaal, in dem sonst das Kabinett tagt, berieten die Oberhäupter von Stadt und Land mit Sparkassen-Chef Harald Strötgen, einem Vorstandsmitglied der Landesbank, dem Vertreter einer Privatbank und mehreren Regierungsmitgliedern über das Schicksal der Löwen. Die Fachminister Georg Fahrenschon (Finanzen) und Martin Zeil (Wirtschaft) saßen mit am Tisch. Und natürlich die 1860-Chefs Schneider und Schäfer.

Seehofer moderierte die Runde, der eine andere Sitzung am Flughafen vorausgegangen war. Dort hatten Emissäre der Banken mit den Sechzigern beraten - und waren zu keiner Lösung gelangt; ebenso wenig wie anschließend die Politiker, Bankvorstände und Löwen-Chefs in der Staatskanzlei.

"Wir bemühen uns ja nach Kräften", sagt ein Teilnehmer der Krisenrunde. Aber es werde mit der Landesbank und der Stadtsparkasse keine Lösung geben, die geschäftlich und juristisch nicht "vollkommen korrekt" sei. Doch schon bei den Sicherheiten für den Zehn-Millionen-Kredit hakt es weiterhin. Die Privatbank, die mehr als fünf Millionen Euro bereitstellen sollte, wollte sich den Zugriff auf die Fernseherlöse des Fußballklubs für die nächste Saison sichern, die Spielzeit 2011/12. Da sind, im Falle des Verbleibs in der zweiten Liga, Einnahmen in Millionenhöhe garantiert.

Das ist offenbar die beste Sicherheit, die 1860 noch zu bieten hat. Alles andere ist nahezu verpfändet. Sparkasse und Landesbank hätten sich angeblich mit wackeligen Garantien wie erhofften Transfer-Erlösen begnügen müssen. Verletzt sich aber ein Profi, der verkauft werden soll, oder spielt er schlecht, dann bringt er keine Einnahmen. Und schon ist die Sicherheit für den Kredit weg.

Auch das für den TSV von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Deloitte) bearbeitete und begutachtete Sanierungskonzept überzeuge nicht, heißt es aus dem Umfeld von Sparkasse und Landesbank. Da seien noch viele Fragen offen, da müsse noch vieles verbessert werden. Und dann sind da noch die Altschulden, immerhin 14 Millionen Euro. Die sollen mit verschiedenen Maßnahmen halbiert werden. Sieben Millionen Euro Altlasten seien aber immer noch zu viel, sagt ein Teilnehmer der Krisenrunde. Die Gläubiger, denen der TSV Geld schuldet, müssten auf einen weit größeren Teil ihrer Forderungen verzichten, als das die Sechziger bislang ausgehandelt hätten.

Die Liste der Gläubiger ist bunt und lang. Privatbanken sind dabei, private Investoren, die Allianz Arena des reichen Großklubs FC Bayern München, Löwen-Fans und andere. Die Sechziger-Chefs Schneider und Schäfer haben sich wochenlang bemüht, möglichst viel von den Altlasten wegzuverhandeln. Ein privater Geldgeber will seine 22.000 Euro in sogenannte Business-Seats in der Arena umwandeln; die Arena-Gesellschaft des FCBayern will 2,1 Millionen Euro zinslos stunden; andere Gläubiger wollen das ebenfalls tun. Aber das reicht eben nicht. Am Donnerstag hat sich die Privatbank, mit der bislang verhandelt wurde, zurückgezogen. An deren Stelle soll nun eine andere Privatbank rücken. Das macht alles wohl nur noch komplizierter.

In Bayerns Regierungskoalition sähe man es am liebsten, der arabische Investor würde den Traditionsklub retten. "Das wäre die beste Lösung", sagt ein FDP-Mann. Die Koalition will nach früheren Desastern der Landesbank einen neuerlichen Reinfall vermeiden. Und Bayerns Regierung möchte offenbar ebenso wie die Stadt den Eindruck vermeiden, die eigenen Banken müssten dazu herhalten, überbezahlte Zweitliga-Kicker zu finanzieren.

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