TSV 1860 München:Neue Heimat gesucht

Grünwalder Stadion in München, 2014

Drittligatauglich ist das Grünwalder Stadion, aber nur im Inneren. Seine Lage im Wohngebiet zieht Sicherheitsprobleme nach sich.

(Foto: Jakob Berr)
  • Angesichts der dramatischen sportlichen Lage sucht der TSV 1860 das Gespräch mit dem FC Bayern über den Auszug aus dem ungeliebten Stadion in Fröttmaning.
  • Die Alternative Sechzgerstadion stößt bei der Polizei auf wenig Gegenliebe, die Lage mitten im Wohngebiet ist problematisch - vor allem wenn Fans randalieren.
  • Die Option Olympiastadion ist ein paar Nummern zu groß für den jetzigen Zweitligisten, zudem die Wiederherstellung des Rasens erst in einigen Jahren geplant ist.

Von Martin Bernstein und Dominik Hutter

Er ist bekanntlich Bayern-Fan. Wenn es aber ans Eingemachte geht, siegt bei Dieter Reiter dann doch der Lokalpatriotismus. "Ich bin fest überzeugt, dass die Sechzger nicht in die dritte Liga absteigen", sagt der Oberbürgermeister. Weshalb er nicht spekulieren will, wie es denn wäre, wenn die derzeit akut bedrohten Löwen an den Ort zurückzögen, den die meisten Fans ohnehin für die eigentliche Heimat des Vereins halten: das Grünwalder Stadion auf Giesings Höhen. Totengräberei wäre das, findet Reiter. Und da will er nicht mitmachen.

Dennoch ist der Umzug natürlich längst ein Thema. Es hat bereits ein Gespräch zwischen dem TSV 1860 und dem FC Bayern gegeben über den Auszug aus dem ungeliebten Stadion in Fröttmaning, das mit seinen 75 000 Plätzen ohnehin ein paar Nummern zu groß ist für den jetzigen Zweitligisten.

Nie wirklich angekommen

Das gilt auch für eine weitere Münchner Fußballarena, das beinahe ebenso große Olympiastadion - obwohl Lothar Langer vom Fanprojekt München davon überzeugt ist, dass den 1860-Anhängern die städtische Arena im Schatten des Fernsehturms viel besser vermittelbar wäre als der Schwimmreifen in Fröttmaning, in dem die Löwen nie wirklich angekommen sind. Zumal der Stadtrat soeben eine fast 80 Millionen Euro teure Sanierung des Olympiastadions beschlossen hat, zu der auch die Wiederherstellung des Rasens gehört. "Das wäre eine Option", findet Langer.

Das Urteil von Olympiapark-Chef Arno Hartung fällt deutlich zurückhaltender aus. Grundsätzlich möglich seien Profispiele aller Ligen natürlich schon. Allerdings gibt es derzeit keine Rasenheizung mehr, auch die Wiederherstellung des Rasens sei erst in einigen Jahren geplant. Und dann bleibt noch das Prinzip: Kein Profifußball im Olympiastadion, dafür keine Konzerte in Fröttmaning. Dies will Hartung nur ungern aufweichen. Sollten die Löwen nach kurzer Zeit den Olympiapark wieder verlassen, wäre die städtische Gesellschaft sonst die Gelackmeierte.

Platz für 12 500 Zuschauer - eigentlich zu wenig

Als realistischer gilt daher die Rückkehr ins städtische Stadion an der Grünwalder Straße, das nach einer im Sommer 2013 abgeschlossenen Sanierung drittligatauglich ist - auch wenn diese Investition eigentlich für einen Aufstieg der zweiten Mannschaften von 1860 und Bayern München gedacht war. Nun könnte das Grünwalder durch Abstieg der ersten Mannschaft doch noch zur Drittliga-Spielstätte werden.

Maximal 12 500 Zuschauer haben dort Platz, was aus heutiger Sicht eigentlich zu wenig ist. Zumal, wie Langer betont, die Euphorie eines möglichen späteren Wiederaufstiegs einberechnet werden müsse, die sich vermutlich in höheren Zuschauerzahlen widerspiegeln würde. Auch das Sechzger-Stadion soll noch einmal aufgemotzt werden, der Stadtrat schießt 2,5 Millionen Euro für Sicherheitsmaßnahmen nach.

Vorgeschmack beim kleinen Derby

Denn ganz unproblematisch sei die Arena inmitten von Wohnhäusern nicht, warnt die Polizei. Einen Vorgeschmack darauf, was bei einem Umzug der Löwen ins Grünwalder Stadion auf sie zukommen könnte, erleben die Giesinger und die Münchner Polizei das nächste Mal am 6. April: bei der Viertligapartie zwischen den zweiten Mannschaften des FC Bayern und der Löwen. Das Spiel gilt als "kleines Derby" - und hat doch große Folgen, weil es seit geraumer Zeit Kulminationspunkt der Fan-Rivalitäten der so unterschiedlichen Münchner Profiklubs ist.

Fantrennung, Parkplätze, Anmarschwege: Nichts ist am Grünwalder Stadion derzeit so, wie es sich Polizeisprecher Wolfgang Wenger wünscht. Die Polizei sei natürlich weder für noch gegen einen Umzug der Sechzger ins angestammte Stadion - aber die Bedingungen müssten stimmen.

Ungeliebte Gäste

Auch die 2,5 Millionen teure Nachrüstung ändert nichts am Hauptproblem für die Polizei, die beim jüngsten kleinen Derby etwa 400 Beamte im Einsatz hatte, nämlich an der Lage des Grünwalder Stadions mitten in der Stadt an einer viel befahrenen Kreuzung. Bereiche abzusperren oder rivalisierende Fangruppen zu trennen, "das ist alles viel leichter in der Allianz-Arena", hatte Wenger im August gesagt. "Da haben wir eine riesige Esplanade vor dem Stadion. Rund um das Grünwalder ist alles eng."

Das heißt: Um die Sicherheit der 12 000 Besucher zu gewährleisten, muss die Polizei die Straßen am Stadion sperren. Und der Aufmarsch der Fans ist nicht auf Giesings Höhen beschränkt: Im August sammelten sich 400 Bayern-Fans auf dem Viktualienmarkt und brannten dort Bengalo-Feuer ab, 500 Löwen-Anhänger marschierten vom Candidplatz zum Stadion. Insgesamt 16 Festnahmen verzeichnete die Polizei damals. Vier Polizisten wurden verletzt.

Beim Fanprojekt wird die Giesinger Situation gelassener beurteilt. Durchaus beherrschbar sei das, findet Langer. Zumal sich die Fans anders als in Fröttmaning auf unterschiedliche U-Bahnhöfe, Tram- und Bushaltestellen verteilen ließen. Und möglicherweise gingen die Löwen-Fans ja auch mit der eigenen "Heimat" respektvoller um als mit einer Arena, in der sie sich als ungeliebte Gäste betrachten.

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