Trudering:Wege ins Leben

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An diesem Freitag feiert die Grundschule am Lehrer-Götz-Weg das 125-jährige Bestehen. In ihrer bewegten Geschichte spiegelt sich im Kleinen das Auf und Ab einer ganzen Epoche

Von Thomas Kronewiter, Trudering

Für Waltraud Boltz schließt sich an diesem Freitag irgendwie ein Kreis. Die Rektorin der Truderinger Grundschule am Lehrer-Götz-Weg wird an diesem Tag kaum zum Durchschnaufen kommen vor lauter Trubel und Festlichkeit, hin- und hergerissen zwischen der Betreuung der prominenten Gäste und der Kinder, um die es doch eigentlich geht. Denn Boltz und ihr Kollegium und alles in allem rund 280 Kinder feiern das 125-jährige Bestehen des Schulstandorts am Lehrer-Götz-Weg. Vor 25 Jahren hat die Chefin, die seit neun Monaten als Rektorin am Lehrer-Götz-Weg im Amt ist, dort schon die 100-Jahr-Feier miterlebt, damals als Junglehrerin. Sie ist nicht zufällig wieder an ihre alte Wirkungsstätte zurückgekehrt.

Das Jubiläum im Blick: Die Grundschulkinder haben sich auf dem Schulhof so gruppiert, dass man von oben gut sehen kann, warum ihnen derzeit zum Feiern zumute ist. (Foto: oh)

Dafür, dass es den Kindern nicht langweilig wird angesichts der Festreden von Stadtschulrätin Beatrix Zurek und von Alexandra Brumann, Fachliche Leiterin des Staatlichen Schulamts, garantiert das Vorbereitungsteam. Maximal eine Stunde soll gesprochen werden, dazwischen sind immer wieder Kostproben des seit Tagen laufenden Zirkus-Projekts zu sehen. "Wir sind eine Grundschule, wir können uns nicht länger konzentrieren", sagt Rektorin Boltz und lacht. Schlecht ist die Stimmung am Lehrer-Götz-Weg offenkundig nicht. Dort hat man nach drei Jahren, in denen man sich mit Hilfe von Übergangsklassen sehr um Integration bemüht hat, mit deren Auslaufen auch wieder ordentlich Platz im Altbau, im Neubau (von 1997) und im Erweiterungsbau (von 2011), die das Ensemble am Lehrer-Götz-Weg und der Bürgermeister-Keller-Straße am östlichen Stadtrand etwas verschachtelt wirken lassen.

Eine Turnhalle für die Akrobaten gab es bei der Schulgründung vor 125 Jahren noch nicht. (Foto: oh)

Überhaupt der Lehrer Götz. 1924 hat der Oberlehrer Ludwig Götz als letzter Schulleiter der selbständigen Gemeinde Trudering die Geschäfte übernommen, 32 Jahre zuvor, am 1. Oktober 1892, war das Schulgebäude mit dem damals noch einzigen Lehrer Ignaz Lachenmeir seiner Bestimmung übergeben worden. Als man Trudering 1932 eingemeindete, benannte man die anliegende Straße dann kurzerhand nach dem damaligen Chef.

Als 1939 die Grundschule an der Forellenstraße eröffnet, behält man den Standort am Lehrer-Götz-Weg bei, weil anders der Platz für die 1000 Schüler nicht ausreicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg kommt es unter heute nur schwer vorstellbaren Bedingungen zur Wiederaufnahme des Schulbetriebs. "Der Unterricht für die überfüllten Klassen findet in ungeheizten Zimmern mit notdürftig reparierten Fenstern statt", heißt es in der unter hohem Zeitdruck entstandenen Festschrift. "Die Lehrer verrichten Zusatzarbeiten, zum Beispiel Renovierungen am Schulhaus, Kartoffelkäfersuche zusammen mit den älteren Schülern sowie Einsätze zum Schutträumen in München." Normalität kehrt erst wieder um 1949 ein. Dafür sorgen unter anderem die Einführung der Schulspeisung und das erstmals erreichte Prinzip, dass jeder Lehrer tatsächlich nur eine Klasse zu betreuen hat.

Das waren noch Zeiten: Die Zahl der Schüler war noch übersichtlich im Jahre 1898, als dieses Foto in Schwarz-Weiß entstand. (Foto: oh)

1965 erfolgt die endgültige Abnabelung von der Forellen-Schule. Der zunehmende Flugbetrieb am nahen Riemer Flughafen führt zu einer derartigen Lärmbelästigung, dass im Schuljahr 1973/74 Schallschutzfenster eingebaut werden. Nach der Auflösung der Riemer Schule 1981/82 übernimmt die Lehrer-Götz-Schule auch die Riemer Kinder. Mit den Neunzigerjahren startet der Reigen der Erweiterungen und Sanierungen. "Trotz Baustelle geht das Schulleben weiter. Elterngespräche finden auf dem Speicher statt, Religion wird vorübergehend im Werkraum unterrichtet, die Hortküche wird zum Lehrerzimmer, die Schülertoiletten befinden sich in einem Container auf dem Schulhof." So die Festschrift.

Mit aktuell zwölf Klassen startet die Lehrer-Götz-Schule ins nächste Schuljahr. Bis 2025 sollen es wieder 17 werden, das würde dann wieder bedeuten, Fachräume aufzugeben oder andere Provisorien anzustreben. Waltraud Boltz könnte sich vorstellen, mittelfristig der Mittagsbetreuung ein eigenes Zuhause zu geben. Das wäre wohl am besten für die Schulfamilie, die sich nun seit 125 Jahren um das Wohl der Kinder kümmert, heute als sogenannte Umwelt-Schule und mit Projekten wie "Autofrei zur Schule". Waltraud Boltz will jedenfalls alles dafür tun, dass die ihr anvertrauten jungen Menschen eigene Stärken und Schwächen erkennen und den Wert, den Anstrengungen haben können - auf ihrem eigenen Weg, und nicht unbedingt dem, den sich die Eltern vorstellen.

© SZ vom 30.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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