Trudering:Stoppsignale aus der Wohnsiedlung

Trudering: Güterzüge sollen schneller am Bahnhof Trudering vorbeifahren können. Dazu werden die Gleise rechts von der S-Bahn-Haltestelle ausgebaut.

Güterzüge sollen schneller am Bahnhof Trudering vorbeifahren können. Dazu werden die Gleise rechts von der S-Bahn-Haltestelle ausgebaut.

(Foto: DB/Uwe Miethe/oh)

Die Schatzbogenbrücke und die Häuser an der Heltauer Straße stehen dem Ausbau des Güterverkehrsknotens im Osten im Weg. Die Deutsche Bahn braucht Platz, notfalls per Enteignung. Die Eigentümer leisten Widerstand

Von Nicole Graner, Trudering

"Wir werden und wir müssen uns wehren", sagt Robert Schmittroth. Seit 33 Jahren wohnt er mit 100 anderen Eigentümern in der Wohnsiedlung an der Heltauer Straße und er denkt nicht daran, sang- und klanglos Grundstücksteile an die Deutsche Bahn abzutreten. Der 67-Jährige wohnt, wie er sagt, in vierter Reihe und schaut direkt auf den Bahndamm, der die Häuser in der ersten Reihe der Heltauer Straße vor den Bahngleisen schützt. Vom Gartenzaun der Häuser in erster Reihe bis zum Gleisbett sind es in etwa 25 Meter.

Genau um diesen Bahndamm geht es, wenn die Deutsche Bahn (DB) ihr Projekt am Bahnhof Trudering umsetzen will. Das Projekt aber ist vielschichtig. Ziel eins der DB: Um die Güterzüge am "letzten Flaschenhals des Nordrings", wie der Bahn-Projektleiter für das Projekt Trudering, Norbert Barth, sagt, schneller zu machen werden die Gleise fünf bis acht nördlich des S-Bahnsteigs Trudering verlängert. Die fortan 740 Meter langen Züge brauchen Platz. Lange Züge, so erklärt Michael Hatzel, der Koordinator für das Projekt Bahnausbau München Ost, seien "ökologischer und wichtig für den Klimaschutz". 740 Meter entsprächen 52 Lastwagen. Auch sollen die Abstellgleise neun und zehn verlängert und Weichen eingebaut werden, damit die langsameren Güterzüge ausweichen können, wenn ein schnellerer Personenzug kommt.

Ziel zwei: Das Tempo der Züge, spielt eine große Rolle. Die Bahn möchte, wie sie in einer Pressekonferenz erklärt, dass die Güterzüge "gleichmäßig" mit einer Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometer fahren können. In Trudering müssten sie jetzt, so sagt Barth, "auf 80 und dann auf 60 runterbremsen". Das sei nicht "effizient".

Zurück zum Bahndamm. Und zu Robert Schmittroth. Um die 100 Stundenkilometer, auch in den Kurven, zu gewährleisten, soll der Streckenabschnitt zwischen Daglfing und Trudering zweigleisig ausgebaut werden. Dazu braucht es mehr Platz. Nicht nur die viel befahrene Schatzbogenbrücke, so erklärt die Bahn, müsse dafür im nördlichen Teil abgerissen und wieder aufgebaut werden. Man brauche auch Grund von den Eigentümern an der Heltauer Straße. Die Gärten dort gehören den einzelnen Eigentümern, der Bahndamm aber gehört größtenteils der Anwohnergemeinschaft. Der Umbau der Schatzbogenbrücke als wichtiger Querungsstraße, dürfte für Verkehrschaos im Münchner Osten sorgen. Man wolle den Umbau deshalb so "kurz" wie möglich halten, sagt Barth. Ein Eingriff ins Privateigentum werde "kein einfaches Spiel". Aber, so ergänzt Hatzel, man werde prüfen, ob das Gemeinwohl über dem Wohl des Einzelnen liege. Man habe Baurecht. Am Ende gebe es auch "weitere Wege". Enteignung? "Auch das steht dann zur Diskussion", sagt Hatzel.

Robert Schmittroth gibt Barth recht: Ein einfaches Spiel für die DB werde das mit Sicherheit nicht. "Die Bahn wird sich täuschen, wenn sie glaubt, dass die Grundstücke so einfach zu bekommen sind", sagt der 67-Jährige. Man habe zwar in den Kaufverträgen von einst unterschrieben, dass die Bahn bauliche Maßnahmen durchführen dürfe, aber von Grundstücksabtretungen sei da nicht die Rede. Die Bahn will am 12. August mit den Eigentümern reden. In der Ferienzeit. Probleme könnte die DB auch mit der Stadt bekommen. Denn an der Heltauer Straße soll ein neues Quartier mit 1500 Wohnungen entstehen. Davon wisse man, sagt Barth. Aber erst wenn es da ein Planfeststellungsverfahren seitens der Stadt München gebe, "müssen wir das berücksichtigen".

Ziel drei der DB: Das sei der aktive Lärmschutz, den es ja so in dem Bereich noch gar nicht gebe, sagt Hatzel. Nach Angaben des Eisenbahnbundesamtes wird die Bahntrasse bis zu elf Meter in Richtung Heltauer Straße verschoben. Eine Lärmschutzwand könnte dann bis zu drei Meter an die Wohnhäuser heranrücken. "Das alles machen wir nicht mit", sagt Robert Schmittroth ruhig. Es gehe vor allem um die Erschütterung. So viele Züge am Tag - das hielten die alten Häuser gar nicht aus. Klar ist für ihn und alle Eigentümer schon jetzt, dass das Ganze in einem Gerichtsverfahren enden wird.

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