Kritik:Posaunist auf Rock-Star-Pfaden

Kritik: Mit oder trotz Posaune ins Rampenlicht: Troy Andrews alias Trombone Shorty in der Muffathalle.

Mit oder trotz Posaune ins Rampenlicht: Troy Andrews alias Trombone Shorty in der Muffathalle.

(Foto: TJ Krebs)

Der Ausnahme-Musiker Trombone Shorty will in der Muffathalle fast zu viel.

Von Oliver Hochkeppel, München

Ein bisschen erinnerte einen dieser Abend in der Muffathalle an die im angelsächsischen Raum sprichwörtliche Geschichte mit der Affenpfote: Die erfüllt ihrem Besitzer Wünsche, verlangt dafür aber einen hohen Preis. Schon seit ein paar Jahren wünscht sich Troy Andrews alias Trombone Shorty ganz offensichtlich nichts mehr, als ein Rockstar zu werden, so wie sein Buddy Lenny Kravitz, der schon auf Troys ersten Major-Label-Album als Gast dabei war und bei dessen Mega-Konzerten Troy als Vorband auftrat. Sein aktueller München-Auftritt legt nahe, dass der erst 36-Jährige (der aber schon seit 30 Jahren auf der Bühne steht) das geschafft hat.

Einmal, indem er seine Orleans Avenue-Truppe mit zwei Schlagzeugern, zwei Gitarristen, zwei Background-Sängerinnen, E-Bass und Keyboard neben den angestammten Saxofon-Kumpels BK Jackson und Dan Oestreicher zu einer elfköpfigen Rockband aufgepumpt hat. Indem er, einer der besten Posaunisten der Welt, mehr singt und rappt, als zu seinem Instrument zu greifen (ohne Gesang kein Airplay, lautet das Marketing-Gesetz). Indem er alle großformatigen R'n'B- und Funk-Referenzen von Mothers Finest bis Prince, von James Brown bis Santana, von den Neville Brothers bis zu einem Hauch des elektrischen Miles Davis in seinen New-Orleans-Street-Rock-Parade-Kosmos hineinpackt. Und indem er nur drei Titel seines neuen Albums "Lifted" spielt und ansonsten Star-typisch ein Best-of seiner Hits präsentiert - von "Long Weekend" bis zur als Zugabe nachgeschobenen "Hurricane Season" aus dem Grammy-nominierten "Backatown"-Album von 2010.

Eine Wahnsinnsshow, die ihren Preis hat

Wie ein Orkan legen er und seine Truppe auch wieder los. Und genau bevor die auf Höchstdruck und unendliche Steigerung angelegte Funkrock-Party zu anstrengend wird, tritt er mit ruhigerem Neo-Soul clever auf die Bremse. Außerdem darf sich jeder seiner erstklassigen Begleiter im Glanze eines Solos sonnen. Eine Wahnsinnsshow also alles in allem. Die aber eben einen Preis hat: Die Abkehr von den Wurzeln im New Orleans Jazz. Die unglaublichen Bläsersätze nämlich, mit denen Trombone Shorty mal berühmt geworden ist, schimmern nur noch schüchtern durch den Rock-Wust. Was der Verlust dieser Second-Line-Tradition bedeutet, wird am Schluss bei einer phänomenalen "When The Saints Go Marchin' In"-Einlage nur mit Posaune und Saxofonen deutlich. Die vor Augen wünscht man sich ein paar Bläser zurück und würde dafür gerne auf eine Gitarre, ein Schlagzeug und das Star-Gehabe samt Moonwalk-Choreo verzichten.

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