Trickbetrüger:Gewiefte Diebe

Sie nutzern morderne Kommunikationsmittel, um ihre Opfer abzuzocken. Mit welchen Methoden Trickbetrüger ihre Opfer ausnehmen - eine Typologie.

Susi Wimmer

Nepper, Schlepper, Bauernfänger, so nannte man früher Leute, die in betrügerischer Absicht Ahnungslose um ihr Geld brachten. Heute sind die Diebe um einiges gewiefter, sie nutzen moderne Kommunikationsmittel, um ihre Opfer abzuzocken. Allein in München geht der Schaden, den Trickbetrüger anrichten, alljährlich locker in die Millionenhöhe. Oft nutzen die Täter die Hilfsbereitschaft und Gutgläubigkeit ihrer Opfer aus - aber auch die Sehnsucht nach dem großen Geld. Im Polizeipräsidium beschäftigen sich drei Kommissariate mit den Erscheinungsformen des Trickdiebstahls. Die SZ hat die gängigsten Maschen der Betrüger zusammengestellt.

Klingelschild Kaplan

Trickbetrüger werden immer dreister. Allein in München geht der Schaden, den sie jährlich anrichten, in die Millionen.

(Foto: dpa/dpaweb)

Der Enkeltrick. 100 Fälle wurden im letzten Jahr in München gemeldet, sieben Mal waren die Täter erfolgreich, sie erbeuteten dabei 70000 Euro. "Die Betrüger wissen, dass bei alten Leuten was zu holen ist - und dass sie leichtes Spiel haben", sagt Kriminalhauptkommissar Reinhold Bergmann. Die Täter sind hauptsächlich Polen; von ihrem Heimatland aus wählen sie Nummern von Menschen an, deren Namen altertümlich klingen. "Rate mal, wer dran ist", fragen sie. Und wenn das Opfer beispielsweise "Klausi, bist du es?" fragt, sagt der Anrufer: "Ja." Der vermeintliche Verwandte erzählt dann, dass er in der Stadt sei, einen Kuchen vorbeibringe und dass er ein Auto oder eine Immobilie kaufen wolle. Klausi ruft dann alle paar Minuten erneut an. Und braucht plötzlich Geld für den Autokauf. Nur kurz. Für einen Tag. Es wird ein Psycho-Druck aufgebaut: "Du kannst mich doch jetzt nicht im Stich lassen!" Das Opfer geht zur Bank und hebt Geld ab. Währenddessen hat der "Logistiker", der in Polen neben dem Anrufer sitzt, schon ein Abkassierer-Team in München in Gang gesetzt. Klausi ruft wieder an, sagt, dass er nicht kommen könne und einen Freund schicke. Schon ist das Geld weg.

Der Wechselgeldtrick. Die Täter lauern auf der Straße, oft vor Geldinstituten. Sie spähen alte Leute aus, sprechen sie an, ob sie nicht Geld wechseln könnten. Das Opfer öffnet das Portemonnaie und kramt in den Münzen, währenddessen zieht der Täter meist unbemerkt die Scheine aus dem Geldfach. Die Serientäter erbeuteten mit dieser Methode bis zu 1000 Euro. 140 Fälle registrierte die Polizei in den Jahren 2009 und 2010. "Wir konnten etliche der Täter identifizieren", sagt Reinhold Bergmann. Seit September letzten Jahres sei Ruhe.

Der Klassiker. "Der männliche Täter an der Haustüre", nennt es Kommissariats-Leiter Bergmann. Der Dieb kommt als Wasserableser, Kaminkehrer, möchte für den Nachbarn ein Paket abgeben oder nur ein Glas Wasser. Faktisch will er in die Wohnung des Opfers. Ist er dort hineingelangt, lenkt er sein Gegenüber ab ("Können Sie im Bad mal das Wasser aufdrehen?"), oder ein zweiter Mann huscht in die Wohnung, durchsucht die Räume auf Wertsachen und verschwindet. "Wenn er in die Wohnung kommt, ist es meist zu spät", warnt Bergmann. Er empfiehlt eine Sperrkette an der Haustüre, durch den Spalt könne man fragen, von welcher Firma der Mann sei, und sich dann telefonisch rückversichern. "Im Zweifelsfall immer die 110 wählen!"

Mitleidstour und falsche Rechnungen

Die Mitleids- und Wahrsagertour. Hier sind es hauptsächlich Frauen, die Passanten auf der Straße ansprechen. Frauen, die offenbar ein Gespür für unsichere und leichtgläubige Menschen haben. "Du hast Probleme, eine schlechte Aura", erzählen sie ihren Opfern. Durch einen kleinen Geldbetrag könne man das korrigieren. Die "Heilerin" kommt dann des Öfteren nach Hause, die Geldbeträge steigen. Oft ist die Wahrsagermasche verbunden mit der Mitleidstour: "Mein Kind ist krank und muss dringend operiert werden." Ein paar hundert Euro erbeuten diese Frauen pro Opfer, "es können aber auch mal 50000 Euro sein", sagt Reinhold Bergmann.

Falsche Rechnungen. Erst in der vergangenen Woche versuchte ein Betrüger, mittels eines gefälschten Schreibens der Rechtsmedizin an Geld zu kommen. Er gaukelte Hinterbliebenen vor, dass bei ihrem gerade verstorbenen Angehörigen ein DNS-Test gemacht werden musste und dass sie die Rechnung begleichen sollten. Oder der Eintrag ins Handelsregister: "Auf den ersten Blick denkt der Adressat, er kaufe einen Eintrag in das Handelsregister", erzählt Kriminalhauptkommissar Christian Männer vom Betrugs-Kommissariat. Tatsächlich aber bucht der Angeschriebene ein Abo für einen Eintrag in irgendein privates Register und zahlt dafür 1000 Euro im Jahr. Das Problem: Zwar kann die Polizei die Täter über die Kontoverbindung ausfindig machen. Allerdings ist die Bewertung, ob es sich bei den Handelsregister-Einträgen tatsächlich um Betrug handelt, für Gerichte schwierig: "Weil die Formulierungen sehr geschickt sind oder irgendwo im Kleingedruckten doch auf eine private Datei hingewiesen wird."

Nigeria-Connection und Gewinnspiele

Die Nigeria-Connection. Seit Jahrzehnten bekannt, immer wieder erfolgreich. Im Irak oder in Südafrika liegt ein Vermögen, mehrere Millionen US-Dollar, so behaupten die Betrüger via E-Mail, Fax oder Brief. Wenn man hilft, das Geld nach Deutschland zu schaffen, erhalte man 30 Prozent der Summe. Vorher aber sollte man Geld einzahlen, um Ausfuhr/Zoll/Steuer begleichen zu können. "Es gibt auch Varianten, etwa nach dem Tsunami 2004, dass dort ein entfernter Verwandter gestorben sei, dessen Vermögen man erben werde. Wenn man vorher einen bestimmten Ausfuhrbetrag bezahlt", sagt Männer. Auch wenn es unglaubwürdig klingt: "Leider fallen genügend Menschen drauf rein."

Der Rip-Deal. Abgeleitet aus dem Englischen, to rip - jemanden ausnehmen. Opfer sind Personen, die hochwertige Artikel verkaufen wollen, meist übers Internet. Sie bieten Häuser, teure Autos oder Schmuck an. Es meldet sich ein Interessent, baut per Mail oder Telefon einen Kontakt auf und behauptet, im Auftrag eines ausländischen Kunden zu handeln. Irgendwann wird ein Treffen vereinbart, "meist in Mailand oder Turin", wie Männer sagt. Die Ganoven scheuen keine Mühen, treffen sich in teuren Hotels mit den Ahnungslosen, laden sie zum Essen ein. "Als Vertrauensbeweis" verlangen sie allerdings vorab eine "kleine Summe". Da viele Verkäufer "das große Geschäft" wittern, lassen sie sich darauf ein. In einem Fall hätte ein Geschäftsmann 300000 Euro übergeben. Der Täter sei dann aus dem Hotel gerannt, in ein Auto mit laufendem Motor gesprungen und auf Nimmerwiedersehen verschwunden.

Die Gewinnspiele. "Gratulation, Sie haben gewonnen!" Ob Telefon oder Internet, hier wird auf dubiose Weise Geld gemacht. Anfang Januar wurde beispielsweise ein Garchinger informiert, er habe 2500 Euro gewonnen. Tatsächlich stand wenig später der Postbote vor der Türe, der Garchinger musste für die Annahme des Briefes eine Nachnahme von 67 Euro zahlen. Im Umschlag befand sich ein Schreiben, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass er nun Mitglied in einer Gewinnspiel-Community sei. Die Polizei geht von bundesweit agierenden Tätern aus.

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