Trichards:Konzentration auf das Wesentliche

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Schick ist das Trichards, modern, hell und klar. Es wirkt wie ein Nobelbistro. Viele Gerichte auf der Karte sind französisch geprägt. (Foto: Stephan Rumpf)

Im Trichards steht der Geschmack der Hauptzutat im Mittelpunkt - und der Küchenchef arbeitet sie mit Feingefühl in der Würzhand heraus. Chichi hingegen sucht man vergeblich.

Von Alois Gudmund

Zum Wirt gehört ein Haus, denn ohne Wirtshaus ist der Wirt kein Wirt mehr. Er braucht zum Wirtsein schließlich Küche und Gaststube, und wenn er nicht selbst Hausherr, sondern in der Regel eben Pächter ist, dann ist er abhängig davon, dass der Eigentümer das Haus in Schuss hält. Ein gut eingeführtes Wirtshaus lässt sich halt nicht so einfach verpflanzen wie ein Rebstock - in München, der Stadt der hohen Mieten und Pachten, schon gar nicht. Ein unbehauster Wirt braucht nicht nur eine neue Behausung, er muss oft ganz neu anfangen.

13 Jahre lang hat Christophe Trichard in Straßlach das französische Restaurant L'Estragon geführt, dann musste er wegen Baumängeln schließen. Es war beliebt nicht nur bei FC-Bayern-Exfußballspielern der Stefan-Effenberg-Generation und anderen mehr oder weniger prominenten Wohlbetuchten aus dem nahen Grünwald. Und dann war es nicht mehr. Drei Jahre später hat Trichard nun neu begonnen, ganz woanders und diesmal unter seinem eigenen Namen: Trichards heißt sein neues Restaurant, es steht im Lehel, das auch nicht eben Glasscherbenviertel ist.

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Schick sind die neuen Räume, beeindruckend schick. Säulen und Stuckpilaster, Kronleuchter und vergoldete Lampenkreationen an der Decke, an den strahlend weißen Wänden hier und da eine Kopie der berühmten Gemüseköpfe des Renaissance-Malers Giuseppe Arcimboldo in wild verschnörkelten Rahmen - und doch wirkt alles überraschend modern, hell und klar. Bauchige Riesenvasen verzieren die Fenstersimse, in den Ecken leuchten prächtige Tulpensträuße über den dunkel gepolsterten Bänken, die sich die Wände entlangziehen. Schwarz und glatt sind auch die blanken Bistrotische, unter denen aber jeweils ein - obacht! - zehengefährdend barock aufgeblähtes Trumm Tischfuß lauert. Auf der L-förmigen Bar warten ein paar Flaschen Schampus in einer silberglänzenden Schale Eis auf den Plopp des Entkorkens, dahinter stapeln sich die spiegelnde Flaschenkühleimer.

Was wirkt wie ein Nobelbistro, aus einem der geldigeren Arrondissements von Paris an die Isar gebeamt, wirbt für sich jedoch gar nicht mit Franzosentum. Viele Gerichte auf der Karte sind zwar französisch geprägt, andere aber geben sich italienisch oder nach Herkunft der Zutaten bayerisch-regional. Und alle, die Gudmund probierte, waren richtig gut.

Das begann schon mit dem Spargelsüppchen, deren feine Würze den Geschmack der weißen Sprossen geschickt hervorhob und intensiv konzentrierte. Auch sonst nutzte die Küche das saisonal derzeit allgegenwärtige Gemüse sehr kunstfertig. Die Spargelspitzen verband sie mit Himbeeren und Mangostückchen zu einem fruchtig-zartbitteren, wunderbar leichten und doch wieder sehr geschmacksintensiven Salat. Die Fehler fanden sich fast ausschließlich grammatikalischer Art: Der laut Karte "Frühling Salat mit Lauwarm Ziegenkäse" war ansonsten eine bunte Pracht aus feinen Streifen von allerlei Salaten und Gemüsen, fein angemacht in einer süß-aromatischen Rosmarin-Honig-Soße, der Käse selbst kunstvoll in ein Blatt Reisteig gewickelt. Auch beim Saiblingstartar zeigte der oder die Küchenchef/in, was er oder sie besonders gut kann: den Geschmack der Hauptzutat, hier des Fischs, mit Feingefühl in der Würzhand herausarbeiten.

Bei den Pasta- und Fleischgerichten ging das so weiter: gute Zutaten, sonst wenig Chichi auf dem Teller, sondern Konzentration auf das Wesentliche. Eine cremige, trotzdem leichte Soße gab den Wildfang-Garnelen auf den selbst gemachten Tagliatelle ihre meerige Wirkung. Die Quadroni, eine Art großer, viereckiger Ravioli, waren mit wirklich süßen Süßkartoffeln gefüllt und mit einer Bärlauch-Salbei-Soße gut geerdet. Der Fisch des Tages war ein Wolfsbarsch, auf den Punkt gebraten, mit knackigem Gemüse in einer würzigen, doch leichten Soße liegend. Die Kalbslende wiederum trug eine Parmesankruste, die zwar eher cremig als krustig war, aber auch so gut zum rosig zarten Fleisch passte.

Zum Nachtisch gab es dann doch französische Klassiker: ein luftiges Mousse au Chocolat oder, deutlich schwerere Versuchung, einen in Vanillesoße schwimmenden Fondant au Chocolat. Die Mangos, die schon den Spargelsalat befruchteten, lockte in dreierlei Form: als fruchtiges Sorbet, als fluffiges Mousse und als eine Art Carpaccio in hauchdünne Scheiben geschnitten, für Mangofreunde ein Fest.

Die Weinliste führt klug ausgewählte Gewächse aus aller Herren Länder, vor allem aus Österreich, Italien und natürlich auch Frankreich, und geht hinauf bis zu einem 2010er Brunello di Montalcino zum protzigen Flaschenpreis von 189 Euro. Aber es gibt auch offene Weine ab 2,90 für das 0,1-Liter Glas. Überhaupt, die Preise: gehoben, aber für das Gebotene fair. Die Suppe kostete 6,50 Euro, Vorspeisen schlagen mit 11,70 bis 16,90, Hauptgerichte mit 13,50 bis 32 und Desserts mit 6,90 bis 7,90 Euro auf die Kreditkarte.

© SZ vom 25.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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