Treff für Tagelöhner im Bahnhofsviertel:Ärger mit den Schwarzarbeitern

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Tagelöhner aus Bulgarien warten im Münchner Bahnhofsviertel auf Arbeitsangebote. (Foto: Robert Haas)

Geschäftsleute und Anwohner wehren sich gegen den Treff für bulgarische Tagelöhner im Münchner Bahnhofsviertel. Die hygienischen Zustände seien unhaltbar, klagen sie. Nun fordert die CSU ein härteres Eingreifen der Behörden.

Von Michael Risel

Ömer Kinaci ist Juwelier. Eheringe und Armbanduhren sind sein Geschäft. Vor Kurzem kam ein Ehepaar in seinen Laden in der Goethestraße und verkaufte ihm Altgold im Wert von 2000 Euro. Als Kinaci das Geld bar auf die Ladentheke legte, rührten es die Kunden erst einmal nicht an. Sie trauten sich nicht, das Geschäft mit der großen Summe in der Tasche zu verlassen. Vor dem Schaufenster mit dem Schmuck in der Auslage hatte sich eine Gruppe von Männern osteuropäischer Herkunft versammelt. "Dunkle Gestalten", wie Kinaci sagt, die bedrohlich wirkten. "Das Ehepaar hatte Angst davor, überfallen zu werden."

Die Angst war in diesem Fall unbegründet, passiert ist nichts. Doch mittlerweile komme es häufiger zu solchen unangenehmen Szenen, so Kinaci. Mitten im Bahnhofsviertel, an der Kreuzung Goethestraße/Landwehrstraße, hat sich ein ständiger Treff für Schwarzarbeiter gebildet. Etwa 50 Männer aus Bulgarien stehen dort Tag für Tag auf der Suche nach Jobs. Irgendwann kommt dann ein Minibus und holt sie ab für den nächsten kurzfristigen Job: auf dem Bau, in einem Hotel, in einer Reinigung. Die meisten schuften zu Dumpinglöhnen, eine Arbeitserlaubnis haben sie in der Regel nicht.

Nun gibt es auch erste Reaktionen der Politik auf die Schwarzarbeiter. Hans-Peter Uhl, Bundestagsabgeordneter der CSU, fordert ein härteres Durchgreifen der Polizei. Durch schärfere Kontrollen sollen die bulgarischen Tagelöhner von der Kreuzung vertrieben werden. "Wir müssen unsere Bürger schützen", so Uhl. Langfristig müsse es das Ziel sein, die Hintermänner dingfest zu machen, welche die Arbeiter nach Deutschland bringen und hier ausbeuten. Das sei ein klarer Fall von organisierter Kriminalität. "Die armen Menschen, die dort stehen, sind nicht die Ursache des Problems."

Konkrete Maßnahmen will Uhl an diesem Freitag besprechen. Teilnehmer am Runden Tisch sind das Kreisverwaltungsreferat, die Polizei, der Zoll sowie Anwohner und ortsansässige Geschäftsleute. Die Anwohner hatten sich in der vergangenen Woche mit einer Petition an die Öffentlichkeit gewandt. Darin beklagen sie die "stetig wachsenden Probleme mit illegalen Arbeitsmärkten an unserer Kreuzung" und fordern "nachhaltige Gegenmaßnahmen".

Zu den Unterzeichnern der Petition gehört auch Claudia Meier. Gemeinsam mit ihrem Mann betreibt die 39-Jährige das Hotel Mirabell in der Landwehrstraße. Ihre Gäste kommen aus China, Russland oder den USA. Der Anblick der Männer, die im Pulk auf dem Bürgersteig stehen oder rauchend in Hauseingängen sitzen, sei für diese "sehr befremdlich", so Meier. Viele würden nach ihrem Aufenthalt auf Portalen im Internet negative Kommentare und schlechte Bewertungen hinterlassen: "Die Situation auf der Straße ist für uns regelrecht geschäftsschädigend."

Michael Grill, Geschäftsführer der Theatergemeinde München, hat von seinem Büro aus einen guten Blick auf die Kreuzung. Was er dort beobachtet, stört ihn gewaltig: "Die Leute stehen spuckend vor unserer Tür und versperren den Weg zu unserem Kartenverkauf." Auch die hygienischen Zustände seien unhaltbar. Obwohl an der Kreuzung Mülleimer stehen, würde der Abfall einfach fallen gelassen. Vermüllte Straßen und Kellerschächte seien die Folge, Hinterhöfe würden nach Urin stinken.

In den vergangenen Wochen hat sich die Situation nach der Ansicht von Michael Grill noch weiter zugespitzt. Das Verhalten der bulgarischen Tagelöhner habe sich verändert. Früher seien die Männer zur Seite gegangen, wenn man sie darum gebeten hätte. Nun werde er oft sogar beschimpft, so Grill, "mit Worten und Gesten, die ich zum Glück nicht verstehe". Und obwohl er die Menschen, die an der Kreuzung stehen, respektiere und ihre Lage bedauere, sei für ihn ein Punkt erreicht, wo etwas getan werden müsse: "Die Männer okkupieren den öffentlichen Raum. Jetzt geht es um die Frage: Wer hat hier das Sagen?"

Vom Zoll fordert Grill, endlich konsequent gegen die Schwarzarbeit im Viertel vorzugehen. Bei der Behörde hat man angekündigt, hier in Zukunft "einen Schwerpunkt zu setzen". Dagegen, dass sich die Arbeiter auf der Straße aufhalten, könne man aber nichts unternehmen. Massenhafte Platzverweise würden das Problem nach Ansicht der Polizei auch nur verlagern. Für Grill wäre deshalb auch eine "soziale Lösung" denkbar. So sucht beispielsweise die ehrenamtliche "Initiative Zivilcourage" derzeit nach einem Raum, in dem sich die bulgarischen Arbeiter tagsüber aufhalten können. Für den Geschäftsführer der Theatergemeinde ein guter Ansatz: "Ich werde die selbstverständlich bei der Raumsuche unterstützen."

© SZ vom 30.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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