Trauer:Servus, Roserl

Trauer: Zeichen der Trauer: Am Kiosk wird an Rosemarie Stiftner erinnert.

Zeichen der Trauer: Am Kiosk wird an Rosemarie Stiftner erinnert.

(Foto: smüh)

Schwabinger trauern um Rosemarie Stiftner, Betreiberin des Kiosks am Elisabethplatz

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

In jedem Moment des Daseins kann uns das Ende ereilen. Der Tod, so notierte der antike Kaiser und Philosoph Marc Aurel, lächelt uns alle an, "das einzige was man tun kann, ist zurücklächeln". Der kluge Stoiker empfahl, nicht in Furcht vor dem erbarmungslosen Sensenmann zu leben, sondern ihn als Freund zu betrachten, der einen jederzeit mit sich nehmen kann. Diese Haltung feiert das Leben, die kostbaren Momente und Begegnungen, die es bereit hält, "nicht weinen, dass sie vorüber, lächeln, dass sie gewesen!", wie ein Zitat von Konfuzius auf der Sterbekarte von Rosemarie Stiftner nahelegt. Vielen Schwabingern fällt das in diesen Tagen schwer. Sie trauern sehr um ihre Rosi, die bis zuletzt jeden, wirklich jeden, anlächelte, der vor das kleine Fenster ihres Kiosks auf dem Elisabethplatz trat.

Fast 40 Jahre lang saß sie täglich außer sonntags in diesem kleinen Kasten am Nordost-Eck des Platzes, eingerahmt von Dutzenden Zeitungsausgaben aus aller Welt, Postkartenständern, Kaugummischachtel, Süßigkeiten-Päckchen. Jetzt dokumentieren Dutzende Grablichter, Blumengestecke sowie einige Grußbotschaften am Kiosk und eine Fülle davon auf Facebook die große Betroffenheit über den Tod einer Frau, welche die Schwabinger ins Herz geschlossen haben. "Pfiad di Roserl, mach's guat!", steht auf einem Blatt Papier, mit Tesa an die verrammelte Frontseite geklebt. In einem Rosenstrauß klemmt eine Postkarte, "Mach's gut, liebe Rosi. Du wirst mir sehr fehlen!", steht mit akkurater Handschrift darauf. Die Marktleute haben einen großen Blumentopf abgestellt, die Trauerschleife grüßt schlicht mit "Servus Rosi".

Wolfgang Himmel kann es noch gar nicht fassen, dass sie nun nicht mehr da sein soll. Der 64-Jährige ist Techniker in der Schauburg, dem Theaterhaus gleich vis á vis an der Nordendstraße. Bedrückt blickt er auf die Kondolenz-Gaben und erzählt, dass er Rosemarie Stiftner seit 1978 jeden Werktag gesehen hat, jeden Tag ein kleines Schwätzchen, wie so viele Anwohner. "Sie war eine richtig münchnerische Marktfrau, hat nie gejammert und immer gesagt: Es gibt immer welche, die sind schlimmer dran." Herzlich und normal sei sie gewesen, "einfach nur zum Gernhaben". Das gesamte Kollegium stehe immer noch unter Schock. Immer wieder bleiben Passanten stehen, darunter auch Schüler vom nahen Gisela-Gymnasium; sie verharren in stiller Trauer. Wen man auch fragt, alle rühmen voller Zuneigung die Freundlichkeit, den Gleichmut und die Wärme ihres Wesens. "Es ist erschütternd", sagt Barbara Birgmeier, 81 Jahre alt, Stammkundin. "Jemanden wie sie kann man nicht ersetzen."

Der Marktsprecher Karl Huczala sieht das ebenso. Er berichtet von mindestens 150 Trauergästen bei der Aussegnungsfeier am Donnerstag. "Es reißt ein Loch, wenn sie weg ist", sagt er, wie so viele angerührt von der großen Anteilnahme am Tod dieser bescheidenen Frau, die alle glücklich machte, einfach nur, weil sie da war. Mit dem Tod hatte sie sich wohl angefreundet. Sie starb nach langer Krankheit mit 71 Jahren.

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