Trauer:Der Koch der Sterneköche

Gastro-Legende und Promi-Wirt Julius Stollberg ist tot

Von Franz Kotteder

Vor nicht ganz zwei Jahren gab es ein ungewöhnliches Jubiläum zu feiern: Die Grüne Gans wurde 50 Jahre alt. Und weil Münchens kleinstes Gourmetrestaurant, gleich ums Eck vom Viktualienmarkt, seit der Eröffnung im Juli 1967 von Köchin Inge Stollberg und ihrem Mann Julius geführt wurde, kochte damals eine ganze Brigade von Münchner Sterne- und Spitzenköchen für die beiden auf. Von Eckart Witzigmann über Hans Haas und Rudi Färber bis Ali Güngörmüş, Bobby Bräuer, Karl Ederer, Christian Grainer, Manuel Reheis, Martin Fauster, Mario Gamba und Hans Jörg Bachmeier waren vertreten, um die zwei Gastro-Legenden zu bekochen.

Nun ist Julius Stollberg am 14. Juni nach kurzem Krankenhausaufenthalt im Alter von 78 Jahren gestorben. Der gelernte Koch und Kellner hatte anfangs auf Kreuzfahrtschiffen gearbeitet, bis er 1966 seine Frau kennenlernte, im Vorgängerlokal der Grünen Gans. Ein Jahr später übernahmen sie die kleine Bar Am Einlass 4 und nannten es Grüne Gans, nach einem Prager Puppentheater, heißt es, und weil das Lokal wirklich ausgesprochen klein ist. Es passen an die 28 Gäste hinein, vermutlich aber auch nur vor dem Essen. Fast 52 Jahre lang haben Inge Stollberg als Köchin und Julius Stollberg als Patissier und Sommelier ihre Gäste betreut, um die sich ansonsten ein einziger Kellner - ausweislich des weißen Ansteckers auf der Brust hieß er schlicht "Dieter" - kümmerte. Auch er, inzwischen verstorben, gehörte zum geschätzten Inventar der Grünen Gans. Die wiederum war lange Zeit ein Promi-Lokal: König Karl Gustav, Arndt von Bohlen und Halbach, die Flicks, Helmut Berger und Mario Adorf kehrten wie viele andere Berühmtheiten gerne dort ein.

Ob und wie es mit der Grünen Gans weitergeht, ist ungewiss, aber alles sieht danach aus, dass Inge Stollberg, ebenfalls 78, nicht alleine weitermachen wird. "München verliert eine Institution", sagt Koch-Legende Eckart Witzigmann, "die Grüne Gans hat die Stadt und ihre gastronomische Szene mitgeprägt." Er habe die beiden Gastronomen immer sehr bewundert und gelegentlich auch selbst mal in der Grünen Gans gefeiert. Wie so viele andere, von denen unzählige Fotos auf den holzgetäfelten Wänden und liebevolle Eintragungen im Gästebuch zeugen.

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